Markanter Glatteisregen in der Nordschweiz

Screenshot vom Donnerradar/Winterradar am 19.01.2013 23:20 MEZ

Screenshot vom Donnerradar/Winterradar am 19.01.2013 23:20 MEZ

Am Samstagabend erreichte die markante Warmfront eines aus Südwesten heraufziehenden Tiefs die Schweiz. Gleichzeitig setzte in den Alpen ein Föhnsturm ein, die höchsten Windspitzen bis Mitternacht erreichten 113 km/h in Erstfeld und 108 km/h in Wasserauen. Spektakulär war der Temperaturanstieg in mittleren Höhen, während sich die Kaltluft am Boden im Mittelland und in der Nordschweiz sehr hartnäckig hielt. Das markanteste Eisregen-Ereignis der vergangenen Jahre war die Folge.

Im Titelbild haben wir die Luftschichtung kurz vor Mitternacht anhand der Messwerte und des Temperaturprofils von meteoradar verdeutlicht. In solchen Fällen wird der Nutzen des kostenpflichtigen Donner- bzw. Winterradars deutlich. Denn zusätzlich zur Übersichtskarte bietet das Zoom in die einzelnen Regionen das Profil und somit die Erklärung für das Phänomen. Anhand der 5-minütlich aktualiserten Werte kann man sich mit einigen Grundkenntnissen eine Vorstellung für die zeitnahe Entwicklung machen.

Das Temperaturprofil ist allerdings immer so gut wie das Messnetz, das zur Verfügung steht. Zwar wird der Bereich der positiven Temperaturen zwischen ca. 1300 und 2200 m deutlich, die Spitze in etwa 1200 m Höhe fehlt allerdings. Eine zusätzliche Wetterstation z.B. auf dem Weissenstein hätte darüber in diesem speziellen Fall nämlich Aufschluss gegeben. So behelfen wir uns mit einer Modellkarte des GFS:

Modellkarte GFS, 850-hPa-Temperatur für 20.01.20130 00:00 UTC (Quelle: www.wetter3.de)

Modellkarte GFS, 850-hPa-Temperatur für 20.01.20130 00:00 UTC (Quelle: www.wetter3.de)

Im 850 hPa-Druckniveau wird das Temperaturmaximum von 4 bis 5 Grad ersichtlich. Aufgrund des nahen Tiefdruckgebietes befindet sich dieses Druckniveau für einmal nicht in den gewohnten 1400 bis 1500 m Höhe, sondern lediglich auf 1240 m, ablesbar an den schwarzen Linien mit den dreistelligen Zahlen (124 Dekameter = 1240 m).

Warmfront hebelt Berechnung der Schneefallgrenze aus

Ausschnitt Winterradar 03.12.2012 15:35 MEZ

Ausschnitt Winterradar 03.12.2012 15:35 MEZ

Ein aktuelles Beispiel zeigt die Grenzen der Technik auf: Normalerweise lässt sich die Schneefallgrenze relativ einfach anhand von Lufttemperatur und Taupunkt der Messwerte in verschiedenen Höhen berechnen. Das Donnerradar bzw. Winterradar wendet diese Methode an, die in der Regel den Übergangsbereich von fester zu flüssiger Form des Niederschlags verlässlich anzeigt. Doch in speziellen Fällen wie dem vorliegenden ist dieses System überfordert. Weshalb?

Der Kartenausschnitt des Winterradars (anklicken für Vollbild) zeigt auf den ersten Blick undefinierbaren Aggregatszustand des Niederschlags in der Westschweiz, und dies in allen Höhenlagen. Einzig im Hochgebirge oberhalb von 2000 m wird noch reiner Schnee berechnet. Eine halbe Stunde vor diesem Ausschnitt wurde noch sämtlicher Niederschlag bis in die Niederungen als Schnee angezeigt. Was ist geschehen?

Mit dem Aufzug einer Warmfront aus Westen hat sich zunächst milde Luft in höheren Lagen durchgesetzt. Die Temperatur stieg auf dem Moléson (1974 m) innerhalb von 20 Minuten von -2.1 auf +1.3 Grad. In tieferen Lagen wurden hingegen immer noch Minustemperaturen gemessen, in Lausanne beträgt die Lufttemperatur zur selben Zeit genau 0.0 Grad. Das Höhenprofil der Temperaturkurve zeigt daher einen deutlichen Knick, an dem die Inversion (Temperaturzunahme in der Höhe) zu erkennen ist. Die automatische Berechnung der Schneefallgrenze mit einer Spannweite vom Boden bis auf 2000 m Höhe ist daher nur eine logische Folge.

10 Minuten später weist die Station Moléson wieder eine negative Lufttemperatur auf, hingegen melden nun Flachlandstationen erstmals positive Werte. Die Folge: Die Schneefallgrenze wird in einem Bereich zwischen 200 und 400 m berechnet, und schon schlägt das System aufgrund von negativen Bodentemperaturen Glatteis-Alarm:

Ausschnitt Winterradar 03.12.2012 15:45 MEZ

Ausschnitt Winterradar 03.12.2012 15:45 MEZ

Da im Kampf der Warmluft gegen den vorhandenen Kaltluftkörper die Werte in den verschiedenen Lagen alle 10 Minuten vom negativen in den positiven Bereich und wieder zurück wechseln können, spielt die Anzeige scheinbar verrückt. Hier werden ganz klar die Grenzen der Technik aufgezeigt. Der hier vorhandene Fall ist zum Glück einerseits ein extremer, und zudem auch ein eher seltener. Bei solchen Verhältnissen ist jedoch klar, dass zum Beispiel im Strassenverkehr grösste Vorsicht geboten ist.

Nachtrag: Am Abend zeigt sich nun deutlicher, dass die Station Moléson offenbar ein Messproblem hat. Mit Ausschlägen bis +5.9 Grad (Stand 21:10 MEZ) liegt sie nun jenseits jeglicher Glaubwürdigkeit, welche die Modellkarten erwarten lassen. Realistisch ist eine Nullgradgrenze bei etwa 1600 m, welche auch von der Station Chasseral bestätigt wird. Lokale Abweichungen sind immer möglich, aber niemals im Ausmass wie derzeit von der Station Moléson gemeldet. Dass solche Fehlmessungen das System von Donnerradar / Winterradar durcheinander bringen, liegt auf der Hand. Doch auch mit korrekten Messungen sind die Verhältnisse heute extrem, mit einer Isothermie (Bereich ungefähr gleicher Temperatur) vom Boden bis in 1600 m Höhe.

 

Rekord-Temperatursturz in den Alpen

Kam noch am 24. Oktober ins Schwitzen: Langgletscher im Lötschental

Kam noch am 24. Oktober ins Schwitzen: Langgletscher im Lötschental

Schneefall im Oktober bis in die Niederungen kommt alle paar Jahre vor, letztmals in den Jahren 2008 und 2003. Beim aktuellen Ereignis ist allerdings der dafür verantwortliche Luftmassenwechsel rekordverdächtig, denn noch vor Wochenfrist wurden in höheren Lagen und in Föhngebieten sommerliche Temperaturen gemessen.

Die meisten Einwohner der Schweiz haben es wahrscheinlich gar nicht so extrem empfunden, denn in den Niederungen der Alpennordseite dominierte bereits während der gesamten letzten Woche Nebel oder Hochnebel mit Tageshöchstwerten um 10 Grad, hier beträgt der Temperaturrückgang innert Wochenfrist somit etwa 8 bis 12 Grad. Das ist zwar durchaus spürbar, aber nichts Aussergewöhnliches. Um den wahren Temperatursturz zu messen, muss man sich in der freien Atmosphäre umsehen, wo der Unterschied zwischen der subtropischen Luftmasse vom letzten Wochenende und der aktuellen Luftmasse polaren Ursprungs am deutlichsten messbar war. Meteorologische Messstationen auf den Bergen oberhalb von etwa 1500 m sind einerseits unbeeinflusst von Kaltluftseen, welche sich in den Niederungen im Winterhalbjahr sammeln und häufig eine Nebelschicht ausbilden. Andererseits sind Bergstationen auch weitgehend frei von starken Schwankungen zwischen Tag und Nacht, wie sie vor allem in engen Alpentälern sehr ausgeprägt auftreten können.

Sehr deutlich ist der Temperaturunterschied in den Föhntälern ausgefallen: Als extremes Beispiel sei das liechtensteinische Vaduz genannt, wo am 19. Oktober 2012 noch 29.0 Grad gemessen wurden, am 28. Oktober sind es gerade noch knapp 3 Grad. Diese Föhnstriche gelten als Ausnahme der Niederungen, aber sie sind ein Hinweis darauf, dass in höheren Lagen (wo die Föhnluft ursprünglich her kam) ähnliche Verhältnisse herrschen mussten. Ich habe die Bergstationen aus der Schweiz mit den extremsten Temperaturrückgängen innerhalb der letzten acht Tage herausgesucht (Zahlenfolge: 1. Temperaturdifferenz; 2. Maximum (mit Wochentag); 3. Minimum in der Nacht von Samstag auf Sonntag 27./28.10.2012):

Moléson (1972 m) 31,2 / 19,9 (So) / -11,3
Pilatus (2106 m) 29,6 / 17,6 (So) / -12,0
La Dôle (1676 m) 28,7 / 19,4 (So) / -9,3
Chasseral (1599 m) 28,5 / 19,4 (So) / -9,1
Säntis (2490 m) 28,1 / 13,4 (So) / -14,7
Weissfluhjoch (2690 m) 27,4 / 12,6 (Mo) / -14,8
Napf (1408 m) 26,2 / 18,5 (So) / -7,7

Interessant wären hier auch die Zahlen vom Jungfraujoch gewesen, leider fiel ausgerechnet in der Nacht auf Sonntag die Temperaturmessung aus. Vom Mittwoch, 24. Oktober bis zum Ausfall fiel hier die Temperatur von +5.1 auf -21.2 Grad. Man darf davon ausgehen, dass es bis Sonntag früh noch etwas kälter wurde.

Auffallend ist der Umstand, dass der extremste Temperatursturz in einer Höhe von rund 2000 m stattgefunden hat, weiter oben wie auch weiter unten waren die Extremwerte etwas geringer. Aus den Südalpen befinden sich keine Stationen unter den Spitzenreitern, weil hier die Kaltluft aus Norden weniger gut vordringen konnte – das Tief über Norditalien steuert hier in der Höhe nach wie vor etwas mildere Luft herbei.

Man muss in den Klimatabellen sehr weit zurück blättern, um einen ähnlichen Temperatursturz in weniger als Wochenfrist zu finden: Ähnlich extrem war der Kaltlufteinbruch von Ende Januar bis Anfang Februar 1956 mit durchschnittlich 25 Grad Temperaturdifferenz, der sich allerdings nicht nur in höheren Lagen, sondern beispielsweise auch in Zürich und Basel bemerkbar machte.

Wetterradar, Tröpfchengrösse und orographischer Niederschlag

Aufnahme von fallenden Regentropfen, mit eingeblendetem Massstab. Verschlusszeit: 1/200s. Foto: Willi Schmid

Die starken Niederschläge gestern und vorgestern haben vielerorts zu lokal begrenzten Überflutungen geführt. Bei Ereignissen dieser Art stellt sich immer wieder die Frage nach der Genauigkeit der Messungen des Wetterradars. Die Vergleiche der Radarmessungen mit den uns zur Verfügung stehenden Bodenstationen stehen noch aus. Interessant ist aber die Feststellung, dass der Regenmesser in Sellenbüren während der Dauer des Ereignisses (2 Tage) praktisch das Doppelte, zeitweise sogar das Dreifache der Regenmenge gemessen hat, welche der Radar Albis über dem gleichen Standort „gesehen“ hat.

Die beiden Grafiken am Schluss dieses Artikels zeigen klar den Unterschied von einem Faktor 2 am 9.10., und sogar von einem Faktor 2.5 am 10.10.2012. Die rote Kurve ist jeweils die Messung des Regenmessers, und die grüne Kurve diejenige des Radars. Die blaue Kurve entspricht der grünen Kurve, gestreckt um einen Faktor 2. Wir vermuten, dass am Standort des Regenmessers, am Fuss des Uetlibergs, eine starke orographische Komponente die Niederschlagsintensität vergrössert hat. Der Hügelzug der Albis-Kette hat die darüberfliessende Luftmasse zum Aufsteigen gezwungen. Dadurch bildete sich eine zähe dicke Nebelschicht, welche als Quelle für zusätzliches Regenwasser wirken konnte. Im Vordergrund steht dabei der Seeder-Feeder Effekt, welcher von Bergeron in den 60er Jahren erstmals beschrieben wurde.

Auch wenn orographiche Prozesse wirksam waren, erklärt dies die beobachtete Diskrepanz zwischen Regenmesser und Radar noch nicht. Wir kennen die genaue Ursache nicht, vermuten aber folgende mögliche Erklärungen:
– Die Verstärkung des Niederschlags in der tiefen Nebelschicht wird vom Radar nicht gesehen. In Bodennähe stören Bodensignale die Radarmessung zu stark und werden deshalb weggefiltert.
– Der Niederschlag ist besonders kleintropfig, da auch Koaleszenzprozesse wirksam sein könnten, durch welche kleine Regentröpfchen entstehen („Nieselregen“). Kleine Tröpfchen werden vom Radar schlecht gesehen, können aber substanziell zur gesamten Regenmenge beitragen.
– Die Korrekturalgorithmen der MeteoSchweiz sind nicht optimal auf diese Art von orographischen Niederschlägen eingestellt.

Um die zweite Erklärung (kleintropfiger Regen) zu erhärten oder auszuschliessen, wäre eine Angabe über die mittlere Tröpfchengrösse resp. die mittlere Fallgeschwindigkeit der Tröpfchen von Interesse. In ruhender Luft, z.B. knapp über Boden, ist die Relation zwischen Tropfengrösse und Fallgeschwindigkeit gut bekannt. Kleine Tröpfchen fallen langsamer als grosse. Es gibt zwar jede Menge von sog. „Distrometern“ (mechanische und optische Geräte), deren Zweck es ist, die Grösse von Regentröpfchen indirekt aus der Fallgeschwindigkeit zu messen. Solche Messungen werden meines Wissens bei Wetterdiensten kaum gemacht und sind Forschungsaktivitäten vorbehalten. Als „Notlösung“ haben wir festgestellt, dass jede bessere Kamera mit einem anständigen Zoomobjektiv in der Lage ist, fallende Regentröpfchen zu fotographieren und dabei die Fallgeschwindigkeit zu extrahieren. Wählt man eine grosse Zoomstufe und eine grosse Blende, erreicht man eine geringe Schärfentiefe und kann so die Distanz der scharf abgebildeten Tröpfchen zur Kamera +- konstant halten. Eine Aufnahme zu Beginn dieses Blogtextes zeigt fallende Tröpfchen bei einer Aufnahmezeit von 1/200 Sekunden, mit eingeblendetem Massstab. Die Umrechnung der Spurlänge in Fallgeschwindikeit ist eine einfache Sache, setzt aber voraus, dass die Verschlusszeit der Kamera exakt ist.

Wir haben so, bei einer Regenrate von ca. 3.6 mm/h, die Spurlängen von 80 Tröpfchen ausgewertet und dabei eine mittlere Fallgeschwindigkeit von 3.6 m/s festgestellt. Die Schwankungsbreite ist gross und variiert zwischen 0.6 und 7.4 m/s. Was diese Werte bedeuten, ist eine offene Frage, darauf soll in einem späteren Beitrag eingegangen werden. Wir werden das Experiment auf jeden Fall wiederholen, und so mit der Zeit statistisch fundierte Erkenntnisse gewinnen können. Sollte sich ein Leser angesprochen fühlen, das Experiment zu versuchen, nur zu. Aufgrund unserer ersten Erfahrung ist dies nicht allzu schwierig.

Regenakkumulation am 9.10.2012, Details siehe Text. Quelle: meteoradar

Regenakkumulation am 10.10.2012. Details siehe Text. Quelle: meteoradar

Verbesserte Messqualität des Albis-Radars

Die über 8 Bodenstationen gemittelten Tagessummen des Niederschlages, im Vergleich mit dem Albis Radar.

Nach dem Freischalten des neuen Albis-Radars ca. Mitte Juni 2012 wurde rasch klar, dass die vom neuen Radar angezeigte Regenintensität die effektiv am Boden registrierte Regenintensität markant unterschätzte. Dies wurde von diversen Anwendern bemängelt, unter anderem gab der Fehler Anlass zu einem kritischen Eintrag in diesem Wetterblog:
http://www.meteoradar.ch/wetterblog/2012/07/04/zeigt-der-neue-albis-radar-zu-wenig-niederschlag-an“
Die MeteoSchweiz reagierte am 18. Juli mit einer kurzen Mitteilung, in welcher über ein erstes „Tuning“ am Radar informiert wurde. Es wurde bei den nachfolgenden Niederschlägen rasch klar, dass der Fehler in der Tat auf ein unauffälliges Mass reduziert worden ist. Das Ende des meteorologischen Sommers 2012 (dieser dauert definitionsgemäss bis Ende August) nehmen wir zum Anlass für einen weiteren statistisch robusten Vergleich der Radarmessdaten mit den Daten von 8 Bodenstationen in der Umgebung des Albis-Radars. Die Auswertung belegt nun eine sehr gute Messqualität, was die Erfassung der Regenintensität durch den Albis-Radar angeht.

Die neue Auswertung folgt dem gleichen Schema, welches im oben zitierten Blog beschrieben wurde. Wir beschränken uns auf eine Auswhl von 10 Tagen (in der Periode 18.7. – 1.9.2012), an welchen flächige Niederschläge gegenüber lokal begrenzten Gewitterzellen dominieren. So können wir grobe Fehler bei der Zuordnung der Radarmessdaten zu den Werten der Bodenstationen vermeiden. Diese Fehler entstehen z.B. durch Windtransporte des Niederschlages, welche sich bei grossen kleinräumigen Variationen der Niederschlagsstärke besonders bemerkbar machen.

Die beigefügte Grafik zeigt die Resultate der Auswertung. Einige Auswertedaten sind in die Grafik eingefügt. Der Albis-Radar unterschätzt nun den effektiv gefallenen Niederschlag noch um etwa 15 Prozent. Die Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Abweichung von mehr als 50 Prozent ist augenfällig. Der verbleibende Fehler ist im Rahmen des bei den anderen Radars festgestellten Fehlers (siehe den zitierten Blogeintrag). Es wäre vermessern, eine noch höhere Präzision zu fordern. Wir sind gespannt, wie stabil dieses Resultat in der Zukunft bleibt.

Die berechnete Korrelation zwischen den Radar- und Bodenwerten von 0.98 kann als geradezu hervorragend bezeichnet werden (der Idealwert wäre 1.0). Es ist anzumerken, dass die Korrelation auf einen Mittelwert der 8 Bodenstationen Bezug nimmt. Ein Blick auf die Daten der einzelnen Stationen zeigt naturgemäss grössere Schwankungen. Wir werden auf diese Schwankungen in einem weiteren Blog eingehen.

Wir sind sehr froh, dass die MeteoSchweiz den offensichtlichen Fehler des Albis-Radars rasch korrigiert hat. Nach wie vor unbefriedigend ist aus unserer Sicht die Radaranzeige im Bereich der Hagelstärke. Wir sind aber zuversichtlich, dass im Hinblick auf die nächste Sommersaison auch in diesem Bereich eine Verbesserung erzielt werden kann.

Gewitteranalyse 20.08.2012

Gewitterzelle über dem Berner Mittelland, 20:15 MESZ

Gewitterzelle über dem Berner Mittelland, 20:15 MESZ

Die Prognosen für den Montag, 20. August waren durchs Band weg relativ einfach gehalten: Sonnig und bis 35 Grad heiss, am Abend in den Bergen lokale Gewitter. Die Modellkarten zeigten eine schwache Kaltfront über Frankreich, welche am Abend den Jura und den Norden der Schweiz streifen sollte – diese Gewitter waren erst für die Nacht geplant. Die Zellen in den Alpen sollten aufgrund der schwachen Höhenströmung recht stationär bleiben und zwar lokal grosse Regenmengen bringen, eine Verlagerung nach Nordosten war aber nur andeutungsweise zu sehen. Wie alle feststellen konnten, ist es dann anders gekommen. Hier ein Versuch, den Ursachen dafür auf den Grund zu gehen.

Der folgende Radarfilm soll einen ersten Überblick über den Ablauf verschaffen. Bereits hier wird klar, wie rasch das System eine Eigendynamik entwickelte und eine Folge von Kettenreaktionen auslöste, die in den Prognosen so nicht vorhersehbar war. Bereits beim Start des Filmes um 14:00 MESZ ist ein Gewittersystem über dem Burgund zu sehen: Es handelt sich dabei um die angekündigte Kaltfront – allerdings bereits viel näher bzw. zeitlich früher dran als die Modelle berechnet hatten.

Radarfilm 21.08.2012 14:00 - 23:55 Uhr

Radarfilm 20.08.2012 14:00 - 23:55 Uhr (Archiv Donnerradar, kostenpflichtig)

Um 14:00 Uhr erreicht bereits der Outflow der Kaltfrontgewitter die Gebiete westlich des Jurahauptkamms. In La Chaux-de-Fonds setzt zu dieser Zeit mit auffrischendem Nordwestwind eine spürbare Abkühlung ein, die Temperatur sinkt von 29 auf 24 Grad. Um 16:00 Uhr schwappt die Kaltluft über den Jurahauptkamm und stürzt als Fallwind (Joran) auf die Jurarandseen. In Cressier NE werden Spitzenböen von 79 km/h erreicht. Zu dieser Zeit präsentiert sich die Lage folgendermassen:

Momentaufnahme 20.08.2012 16:00 MESZ

Momentaufnahme 20.08.2012 16:00 MESZ

Rot sind die warmen Talwinde dargestellt, welche den Antrieb für die Zellbildung in den Alpen bilden (Inflow), dunkelblau der Outflow bereits bestehender Gewitter, hellblau die von Westen anrückende Höhenströmung, welche die Kaltfront antreibt. Die Zellen im Wallis und im Berner Oberland sind über den Gipfeln des Hochgebirges entstanden – eine für diese Jahreszeit bei grosser Hitze übliche Quelle für Einzelzellen. Gespiesen werden sie durch die Feuchtigkeit von Schmelzwasser aufgrund einer Nullgradgrenze weit oberhalb von 4000 m. Die an den Kämmen konvergierende Thermik reisst das Feuchteangebot mit nach oben – aufgrund des sehr hohen Kondensationsniveaus sind allfällige tiefer liegende Inversionen bereits überwunden, der Bildung von Gewittertürmen stellt sich somit nichts mehr in den Weg. Bis zu diesem Zeitpunkt kann von einer perfekten Prognose gesprochen werden.

Das nächste Bild von 17:30 Uhr zeigt, dass der Outflow der Kaltfrontgewitter bereits das gesamte westliche Mittelland geflutet hat und nun in die Täler des Berner Oberlands eindringt. Dadurch wird dort die Hebung und Bildung neuer Zellen beschleunigt. Diese beginnen zu verclustern, ziehen aber nach wie vor sehr langsam und bringen daher lokal länger anhaltenden Starkregen. Weiter östlich setzt sich die Bildung von Einzelzellen über dem Alpenhauptkamm fort, und in der Nordschweiz breitet sich ein Outflow von den Zellen über den Vogesen und dem Schwarzwald entlang des Hochrheins und über den östlichen Jura in Richtung zentrales und östliches Mittelland aus. Dieser Ast des Outflows bewirkt die rasche Entwicklung einer starken Zelle im Napfgebiet.

Momentaufnahme 20.08.2012 17:30 MESZ

Momentaufnahme 20.08.2012 17:30 MESZ

Um 20:00 Uhr hat die inzwischen abgeschwächte Kaltfront den Jura erreicht. Ihr Outflow lässt zwar nach, ist aber immer noch spürbar. Im östlichen Mittelland stösst er nun bis zu den Voralpen vor, wo er auf den Outflow aus den Hochalpen trifft. In einer Linie vom Napf über Luzern und Schwyz bis ins Zürcher Oberland sind neue Zellen entstanden. Sie bringen heftigen Regen und vor allem kräftige Böen – so z.B. 80 km/h in Wädenswil. Die Verclusterung ist nun perfekt, das System wächst zu einem MCS heran, der sich angetrieben durch den Outflow aus den Alpen in Richtung Nordosten in Bewegung setzt. Durch die neu entstandene Konvergenzzone der beiden Outflows baut das System nun laufend an seinem Nordrand an. Zusätzlich trifft der Outflow aus dem Berner Oberland und von der Napf-Zelle auf die Kaltfront und löst im Berner Seeland die Neubildung von Zellen aus. Diese finden jedoch am Boden keine Nahrung mehr, auch von der untergehenden Sonne ist kein Energienachschub mehr zu erwarten und sobald der Outflow nachlässt, sterben auch die zunächst gesund aussehenden Neubildungen (siehe Titelbild).

Momentaufnahme 20.08.2012 20:00 MESZ

Momentaufnahme 20.08.2012 20:00 MESZ

Das letzte Radarbild von 22:30 Uhr zeigt den nach Nordosten abziehenden Cluster. Sein Outflow stösst nach Schwaben vor und trifft an der Donau auf die Kaltfront, die sich nun zu regenerieren beginnt. Das System wird in der Nacht noch bis nach Tschechien und Nordösterreich ziehen und erst am frühen Vormittag allmählich zerfallen.

Momentaufnahme 20.08.2012 22:30 MESZ

Momentaufnahme 20.08.2012 22:30 MESZ

Wochenvorschau Gewitter 27.7. – 2.8.2012

Vorhersagekarte GFS-Modell der positiven Vorticityadvektion 300 hPa, gültig für Samstag, 02 Uhr Lokalzeit (00 UTC). Quelle: wetter3.de

Das prägende Ereignis der vergangenen Woche war ohne Zweifel die Wasserhose über dem Zürichsee vom letzten Samstag. Für detaillierte Analysen dieser Wasserhose verweisen wir auf den letzten Blogeintrag, vor allem aber auch auf die ausführliche Diskussion zur Ursachenforschung im Schweizer Sturmforum. Wie so oft, entstand die Wasserhose in kühler instabiler Meeresluft im Bereich eines Kaltlufttroges, welcher unser Wetter am vergangenen Wochenende prägte. Seither ist der Hochsommer zurückgekehrt und bescherte uns gestern einen wunderschönen, beinahe auch wolkenlosen Hitzetag.

Die Prognosekarten der letzten Tage wiesen lange Zeit auf einen neuen nachhaltigen Einbruch von Polarluft zu Beginn der kommenden Woche hin. Soweit scheint es nun aber nicht zu kommen. Wie schon mehrmals diesen Sommer, ist ein ortsfester Höhentrog über Grossbritannien auch in den kommenden Tagen das prägende Element der Wetterlage. Das Trogzentrum liegt eher nördlich, über Schottland, und scheint sich dann im Laufe der Woche westwarts zu verlagern. Unser Land verbleibt so erneut in einer südwestlichen Höhenströmung, in welcher immer wieder Wellenstörungen und Zwischenhochs für wechselhaftes Wetter besorgt sind. Infolge der diesmal eher grossen Distanz zum Trogzentrum ist der Witterungscharakter freundlicher als auch schon. Das heisst, dass nach Gewitter- und Schlechtwetterzonen sich immer wieder rasch Aufhellungen durchsetzen können.

Ein erster schwacher Kurzwellentrog überquert unser Land in der zweiten Nachthälfte auf Samstag. Dies wird mindestens im GFS Modell so angezeigt. Die Karte der sog. Vorticityadvektion 300 hPa (siehe Beispielkarte) lässt solche Wellen (auch Minitröglis genannt) besonders gut als Farbpaare orange/blau-violett hervortreten. Der Vorderseite der Welle, also im orangen Bereich, werden Hebungseffekte, also Schlechtwetter zugeordnet, während auf der Rückseite, im blau-violetten Bereich, absinkende Luft (sog. Subsidenz) wieder zu einer Wetterbesserung führt. Die Welle der kommenden Nacht könnte im Zusammenhang stehen mit einem mesoskaligen Gewittersystem, welches sich heute im Bereich der Pyrenäen bilden könnte und in der kommenden Nacht unser Land überquert. Im Vorfeld werden heute gegen Abend in den Bergen erste isolierte Gewitter erwartet. Wie üblich, lässt sich Ort und Zeit dieser Gewitter nicht wirklich vorhersagen. Mit Unterstützung der Welle könnten dann in der Nacht auf Samstag oder Samstag früh auch im Flachland Gewitter auftreten.

Am Samstag geraten wir kurzzeitig auf die Rückseite des Kurzwellentroges, so dass sich rasch nochmals schöne Aufhellungen durchsetzen können. Dann aber nimmt der zyklonale Einfluss des Höhentroges über Grossbritannien auch bei uns zu. Die Sonne wird hinter Wolken verschwinden, und vor allem in der 2. Tageshälfte des Samstags werden von den aktuell verfügbaren Mesomodellen vielerorts kräftige Gewitter angedeutet. Auch am Sonntag/Montag sind Schauer, z.T. auch noch einzelne Gewitter, zu erwarten. Die Temperaturen gehen stufenweise zurück und verharren tagüber im Bereich von 20 Grad oder knapp darüber.

Ab Dienstag gelangen wir wieder unter Zwischenhocheinfluss. Der Witterungscharakter ist freundlich, bei erneut steigenden Temperaturen. Aber im Tagesgang sind auch rasch wieder wieder da und dort Gewitter möglich, gemäss den aktuellen Karten vor allem am 1. oder 2. August, wenn ein weiterer Kurzwellentrog wieder eine vorübergehende leichte Abkühlung bringen dürfte.

Gut möglich also, dass Blitz und Donner das Feuerwerk-Spektakel am Nationalfeiertag verstärken. Das genaue Timing der erwarteten Wellenstörung ist selbstverständlich aus heutiger Sicht noch sehr unsicher. Hoffen wir, dass die Feiern trocken über die Bühne gehen. Ob das so bleibt, kann erst in der Kurzfrist besser abgeschätzt werden.

Weitere Diskussion zur kommenden Gewitterlage im Schweizer Sturmforum, www.sturmforum.ch.

Wie entstand die Wasserhose über dem Zürichsee vom 21.7.2012?

Zoomloop Donnerradar, Region Zürichsee, von 1640-1710 Uhr. Quelle: meteoradar

In diesem Blog möchten wir mehrere Datenquellen ausquetschen, um Hinweise zu erhalten, wie sich die Wasserhose über dem Zürichsee bilden konnte. Die verfügbaren Daten sind sehr dürftig, wenn man die Maschenweite der Meteodaten der Grösse der Wasserhose gegenüberstellt. Somit bleiben die folgenden Aussagen spekulativ, eine gesicherte Antwort muss unterbleiben. Immerhin bestätigt sich, dass die Bildung der Wasserhose durchaus in das Bild passt, welches in unzähligen Studien in der Vergangenheit gewonnen wurde.

Zunächst einmal zur Frage, ob eine Superzelle als „Träger“ der Wasserhose in Frage kommt. Die Antwort ist nein, auch wenn im Radarloop vorübergehend eine Abweichung der Gewitterzugbahn nach rechts, d.h. Richtung Süden beobachtet werden konnte. Eine klare Antwort liefern die Winddaten der Radiosondierung von Payerne, 21.7.2012, 14h Lokalzeit. In den niedersten 3 km ist die max. Windstärke durchwegs geringer als 4 m/s. Massgebend ist die Differenz der Windstärke, sagen wir, zwischen dem Boden und 3 km Höhe über Boden. Die Differenz sollte typischerweise mind. ca. 15 m/s betragen, Zm Beispiel also eine Zunahme der Windstärke von 0 auf 15 m/s, oder ein Wechsel der Windrichtung z.B. von Ostwind, 7 m/s auf Westwind, 8 m/s. Dies ist eine vereinfachte Plausibilitätsannahme, welche in der Wissenschaft, komplizierter, der Bedingung „storm-relative Helicity 0-3km Höhe > 100 m2/s2“ entspricht. Lassen wir die Erklärungen dazu. Wichtig ist: die Windstärken waren in diesem Fall viel zu schwach, um Superzellen überhaupt erst entstehen zu lassen.

Also bleibt als Erklärung nur der sog. „non-supercell“ Mechanismus. Entscheidend bei diesem Mechanismus ist das „vortex-stretching“: das Strecken und damit gekoppelte Verengen einer rotierenden Luftsäule in die Höhe. Durch das Verengen wird die Rotation schneller – bis eine Wasserhose sichtbar wird. Eine gesunde, schnell wachsende Cumulus Wolke kann das „vorticity stretching“ auslösen, aber nur falls in der Luftmasse unterhalb der Cumulus Wolke bereits Ansätze zur Rotation vorhanden sind. Eine plausible Annahme ist, dass die Bedingungen für „vortex stretching“ entlang einer Grenze von zwei gegenläufigen Luftströmungen besonders günstig sind. Man stelle sich beispielsweise eine Süd-Nord verlaufende Linie vor. Östlich der Linie herrscht Südwind, westlich der Linie herrscht Nordwind. Bildet sich eine Cumulus Wolke genau über dieser Linie, dann kann die gegenläufige Luftströmung durch den Sog der Cumulus Wolke in eine immer rascher rotierende Luftsäule deformiert werden.

Damit kommen wir zur nächsten Frage: kann eine gegenläufige Luftströmung in Bodennähe im Fall der Zürichsee-Wasserhose nachgewiesen werden? Die vorläufige Antwort lautet nein – mind. nicht mit den uns zur Verfügung stehenden Daten. Eine vertiefte Analyse mit einem dichten Bodennetz könnte eine besser fundierte Antwort liefern. Aber wir können mindestens versuchen, aus den Daten herauszulesen, wie es allenfalls hätte sein können.

Zunächst zum Radarloop. Der Zoomloop Donnerradar (gif-Animation zu Beginn des Artikels) zeigt um 1645 Uhr erstmals eine südlich anbauende Zelle genau über Thalwil, also dem Standort der später sichtbaren Wasserhose. In den folgenden Radarbildern verschmilzt die Zelle zu einer Echolinie, welche langsam südwärts wandert. In den Vertikalprojektionen des Donnerradars 3D (am Schluss des Artikels) ist die Trägerzelle der Wasserhose besser identifizierbar (siehe rote horizontale Linie für die Zuordnung des Standortes der Wasserhose zur Vertikalprojektion). Von 1640 bis 1655 Uhr erkennt man eine deutliche Zunahme der Radarintensität – über die Farben grün, orange bis rot. Man kann davon ausgehen, dass in dieser 15-minütigen Zeitspanne tatsächlich eine mehr oder weniger ortsfeste Cumulus-Wolke mehr oder weniger ungestört anwachsen konnte. Offenbar hat es seine Zeit gebraucht, bis die Wasserhose für die Augenzeugen sichtbar wurde (ca. um 17 Uhr).

Die Bodenwindmessungen der umliegenden ANETZ-Stationen der MeteoSchweiz (Wädenswil, Zürich MeteoSchweiz, Reckenholz, Lägern) bestätigen mehr oder weniger die herrschende Schwachwindlage. Vor dem jeweiligen Durchzug der Gewitterzellen scheint eine schwache SE-Strömung vorzuherrschen, welche danach auf Nord-NE dreht. Das deutet auf Konvergenz hin, welche mit den sich regenerierenden Gewitterzellen gut zusammenpasst. Aber eine Erklärung für eine allfällig vorhandene bodennahe Scherzone können diese Daten nicht geben. Auch höhergelegene Stationen (Lägern, Hörnli, Napf) geben nur vage Hinweise. Diese sind schon in einiger Distanz zum Geschehen. Interessant wären die Windmessaten des Uetlibergs. Diese Daten sind uns leider nicht zugänlich.

Zusätzliche Hinweise lassen sich aus den Zeitrafferaufnahmen der Webcam Sellenbüren herauslesen, siehe den Video bei Youtube. Diese Webcam ist gegen Süden gerichtet. Der Standort der Wasserhose dürfte knapp ausserhalb des linken Bildrandes liegen. Immerhin kann man erkennen, wie die Trägerwolke der Wasserhose ab ca. 1650 Uhr von links ins Bild hineinläuft. Aus der gegenläufigen Wolkenbewegung kann man klare Rotation erkennen, und gegen 1710 Uhr sind markante Verwirbelungen sichtbar. Wir vermuten, dass diese Verwirbelungen der zerfallenden Wasserhose zugeordnet werden können.

Interessant ist auch die Vorgeschichte im Video. So ist generell auf Wolkenhöhe (vermutlich 1-1.5 km Höhe über Meer) eine Bewegung von West nach Ost festzustellen. Damit scheint auf dieser Höhe eine Westströmung vorzuherrschen, welche die SE-Strömung in Bodennähe überlagert. So wäre es durchaus möglich, dass auch sogenanntes „Vortex tilting“, also ein Kippen einer horizontal rotierenden Luftwalze in die Vertikale, bei der Bildung der Wasserhose eine Rolle spielte. Das ist genau der Prozess, welcher bei der Bildung von Superzellen-Tornados als vorherrschend angesehen wird. Und damit kann auch mit Fug und Recht der klassische Bildungsmechanismus eines „non-supercell“ Tornados in diesem Fall hinterfragt werden.

Damit wird es kompliziert. Als weiterer Faktor ist selbstverständlich die lokale Orographie in Betracht zu ziehen. Durchaus möglich, dass die in S-N Richtung gestreckte Albis-Kette einen entscheidenden Einfluss ausgeübt hat. Zum Beispiel, indem sie die bodennahe SE-Strömung im Osten und die etwas höher liegende Westströmung im Westen so deformierte, dass die Scherbedingungen entlang der Albis-Kette günstig wurden, um den wachsenden Cumulus Wolken Rotation beizumischen. Eine leichte Ostverlagerung einer wachsenden Cumulus-Wolke von der Albis-Kette in Richtung See hätte dann die Vorbedingungen für die Bildung der Wasserhose vollendet.

Wie gesagt: es bleiben viele Fragen offen, die geradezu nach einer gründlichen Auswertung von weiteren Messdaten in der Region rufen. Dabei bleibt fraglich, ob die individuelle Entstehungsgeschichte dieser Wasserhose jemals befriedigend geklärt werden kann.

Weiterführende Links:
Diskussion im Sturmforum
Tageswetterbericht MeteoSchweiz

Ausschnitte aus denRadarbildern Donnerradar 3D, 1640-1655 Uhr. Quelle: meteoradar

Wochenvorschau Gewitter 20. – 26.7.2012

Vorhersagekarte GFS für Montag, 00 UTC. Der Abtropfvorgang im Mittelmeer ist fast abgeschlossen. In Bodennähe bestimmt noch eine Bisenströmung unser Wetter. Quelle: wetter3.de

Zur Zeit bahnt sich eine grossräumige Wetterumstellung an, an deren Ende der bislang wetterbestimmende ortsfeste Tiefdrucktrog über den britischen Inseln durch ein ebenso ortsfestes Hochdruckgebiet abgelöst werden könnte. Bis es gegen Monatsende soweit ist, wird das europäische Wetter in den kommenden Tagen durch zwei Vorstösse von polarer Kaltluft bestimmt. Der erste Vorstoss, in Form eines langezogenen Troges, wird zu Wochenbeginn im Mittelmeer zum Abspalten eines Kaltlufttropfens führen. Das Zentrum des Tropfens verbleibt über Süditalien mehr oder weniger ortsfest und füllt sich langsam auf. Der zweite Kaltluftvorstoss wird gegen Ende der kommenden Woche erwartet, wobei aber die Details noch sehr im Graubereich der statistischen Unsicherheiten liegen.

Die mit dem ersten erwähnten Trog verknüpfte Bodenkaltluft setzt sich heute langsam von West nach Ost durch. Dabei wird es zwar Niederschläge aber kaum Gewitter geben. Dazu ist die Luftschichtung zu stabil, und die Sonne hat heute keine Chancen, so richtig aufzuheizen. Allenfalls kann es im Graubünden gegen Abend nochmals zu wenigen Entladungen kommen.

Das Wochenende wird kühl, trüb und zeitweise nass. Gewitter sind keine zu erwarten, ausser vielleicht ganz im Süden des Tessins und Graubündens. Die aufkommende Bise verstärkt den herbstlichen Eindruck der Wochenend-Witterung. Ganz anders im Mittelmeer, im Bereich des Kaltlufttropfens. Die Kaltluft trifft dort auf eine aufgeheizte Meeresoberfläche, so dass lokal kräftige Gewitter und Regengüsse erwartet werden.

Ab Montag verflacht sich die Druckverteilung über Mitteleuropa. Bei nur langsam abklingender Bise zeigt sich zeitweise die Sonne, und es setzt zögerliche Wiedererwärmung ein. Ab Wochenmitte sind im Tagesgang dann auch wieder sommerlich anmutende Gewitterregen möglich. Die weiteren Details der Witterung in der zweiten Wochenhälfte sind, wie schon zu Beginn erwähnt, zur Zeit nicht abschätzbar. Das Spektrum reicht aus heutiger Sicht von einem neuerlichen nachhaltigen Kälterückfall (ohne grosse Gewittertätigkeit) über eine gewitterreiche SW-Lage bis zu einem Andauern des mässig stabilen sommerlichen Tagesgangwetters.

Zum Abtropfprozess im Mittelmeer ist im Sturmforum ein vertiefender Beitrag erschienen.

Wochenvorschau Gewitter 13.-19.07.2012

Tiefblauer Himmel und klare Sicht mit harmlosen Quellwolken im Sommer charakterisieren frische Atlantikluft unter zunehmendem Hochdruckeinfluss

Tiefblauer Himmel und klare Sicht mit harmlosen Quellwolken im Sommer charakterisieren frische Atlantikluft unter zunehmendem Hochdruckeinfluss

Eigentlich ist es ganz kurz gesagt: In der kommenden Woche wird es sehr ruhig – zumindest was die Gewitter betrifft. Die seit längerer Zeit anhaltende Süd- bis Südwestlage, verursacht durch ein nahezu stationäres Tief bei den Britischen Inseln, hat sich seit dem vergangenen Sonntag in eine reine Westlage gewandelt. Damit kommen deutlich kühlere Luftmassen nordatlantischen Ursprungs ins Spiel, was die Gewitterbereitschaft dämpft.

Allerdings verbleibt der Alpenraum noch ein paar Tage im Bereich der Frontalzone. Von Freitag bis Sonntag bedeutet dies ausgesprochen wechselhaftes und für die Jahreszeit zu kühles Wetter. Vor allem im Bereich der Kaltfronten in der Nacht auf Samstag und dann wieder am Sonntag treten regional kräftige Regenfälle auf, die nachfolgenden Rückseitenschauer können vereinzelt gewittrig sein. Mit heftigen Entwicklungen ist allerdings nicht zu rechnen. Markant wird vor allem der Wind in der Nacht auf Samstag: Auf den Jurahöhen und den nördlichen Alpengipfeln ist mit Sturm zu rechnen, aber auch in den Niederungen sind bis Samstagmittag zeitweise stürmische Böen nicht ausgeschlossen.

Ab Montag dehnt sich ein Keil des Azorenhochs bis zu den Alpen aus und sorgt für eine von vielen schon sehnlichst erwartete, stabilere Wetterlage. Allerdings wird voraussichtlich die stramme West- bis Nordwestströmung nur knapp nördlich der Schweiz verbleiben, sodass vorbeistreifende Fronten gelegentlich den Sonnenschein im Norden und Osten des Landes etwas einschränken können. Aus heutiger Sicht ist aber durch die zögerliche Erwärmung und den Hochdruckeinfluss frühestens am Donnerstag wieder mit Gewittern zu rechnen. Ausgelöst durch eine sich nähernde Kaltfront eines – wie könnte es in diesem Sommer auch anders sein – neuen Tiefs bei den Britischen Inseln.

Ein nahezu herbstlich anmutendes Sturmfeld streift in der Nacht auf Samstag die Schweiz  (Mittelwind in etwa 1500 m Höhe)

Ein nahezu herbstlich anmutendes Sturmfeld streift in der Nacht auf Samstag die Schweiz (Mittelwind in etwa 1500 m Höhe)