2H5M Prognosen

Beispiele für Lokalprognosen bei meteoradar.
Oben: alte Version, seit 2001 online
Unten: aktuelle Version „wiewirds“

Zum Verständnis: bei 2H5M Prognosen handelt es sich um Wetterprognosen für die nächsten 2 Stunden (2H), welche alle 5 Minuten (5M) aktualisiert werden. Diese Art von Prognosen im „Nowcasting“ Bereich sind unabdingbar für eine rasche und präzise Vorschau der lokalen Witterung in den kommenden Stunden.

Lokalprognosen sind in Mode gekommen. Jede Wetterseite, welche etwas auf sich hält, bietet solche auf mehrere Tage hinaus an. Je länger der Vorhersagezeitraum, umso besser. Spitzenreiter bei Schweizer Webseiten dürfte meteoblue.ch sein. Dort findet man fürs kleinste Kaff Lokalprognosen über die kommenden 14 Tage. Nebst der erwarteten Witterung werden auch Balkendiagramme angezeigt, welche die erwartete Variabilität der Temperatur und des Niederschlages wiedergeben. Als seriöse Grundlage für mehrtätige Lokalprognosen kommen in erster Linie die Resultate von hochaufgelösten numerischen Wettermodellen in Frage, welche mindestens auch die lokalen Gegebenheiten, z.B. die Standorthöhe und das Relief, berücksichtigen. Die Aussagen dieser Art von Lokalprognosen bleiben summarisch. Zeitangaben präziser als ein Tag sind kaum zu machen, und die Prognosen für benachbarte Orte auf gleicher Höhe dürften sich kaum gross unterscheiden. Und was über 10 Tage hinausgeht, dürfte mit einer viel einfacheren Klimastatistik wohl fast ebenso gut zu machen sein.

Tja, und wie sieht das am anderen Ende der Prognoseskala aus, im Bereich von 0-2 Stunden? Genau da, im Nowcasting Bereich, sind Standortunterschiede entscheidend, selbstverständlich auch Zeitangaben im Minutenbereich. So zum Beispiel beim Aufzug eines Sommergewitters, oder bei Schneeschauern im Winter, bei Nebel oder Glatteisgefahr. All die hochaufgelösten numerischen Wettermodelle kann man für 2-stündige Lokalprognosen getrost in den Kübel werfen, ganz einfach deshalb, weil die Rechenzeit dieser Modelle in der Regel mehrere Stunden beträgt. Selbstverständlich gibt es Alternativen, und die Forschung beschäftigt sich intensiv mit verschiedenen Techniken, bei welchen zunehmend auch spezielle numerische Modelle zum Zug kommen. Hilfreich ist selbstverständlich auch der Fortschritt in der Computer-Technik, welcher dazu beiträgt, dass die Rechenzeiten laufend kürzer werden.

Wir sind stolz darauf, dass meteoradar.ch als einziger Schweizer Wetterdienst über Jahre hinweg, seit 1999, eine Lokalprognose auf der Grundlage des 2H5M-Systems anbieten konnte (siehe Grafik oben rechts). Die Ausgangsdaten waren und sind Wetterradarbilder, Blitzdaten und Bodenmessdaten, welche mit einem superschnellen Rechenmodell innert Sekunden in die Vorhersagen umgesetzt werden. Diese Art von Prognosen sind naturgemäss nur für wenige, dafür aber entscheidende Wetterelemente machbar: Regen, Hagel, Überflutungsgefahr, Schneefall, vereisender Regen und Blitzschlaggefahr. Genau gleich wie beim 14-tägigen Vorhersagemodell von meteoblue berechnen wir mit einem optimierten Wahrscheinlichkeitsmodell die lokalen Risikofaktoren der erwähnten Wetterelemente. Auf Grundlage dieser Risikowerde vermitteln wir auch Warnungen, welche auf vollautomatischer Basis erstellt werden und für die unterschiedlichsten Anwender angeboten werden.

Es freut uns, dass wir, rechtzeitig auf die Festtage und den Jahreswechel, eine neue, benutzerfreundliche Version unserer Lokalprognose „wiewirds“ anbieten können. Diese ist auf der Webseite wiewirds.ch ab sofort öffentlich und kostenlos abrufbar. Mehr dazu in Kürze in einem weiteren Blogbeitrag.

 

Warmfront hebelt Berechnung der Schneefallgrenze aus

Ausschnitt Winterradar 03.12.2012 15:35 MEZ

Ausschnitt Winterradar 03.12.2012 15:35 MEZ

Ein aktuelles Beispiel zeigt die Grenzen der Technik auf: Normalerweise lässt sich die Schneefallgrenze relativ einfach anhand von Lufttemperatur und Taupunkt der Messwerte in verschiedenen Höhen berechnen. Das Donnerradar bzw. Winterradar wendet diese Methode an, die in der Regel den Übergangsbereich von fester zu flüssiger Form des Niederschlags verlässlich anzeigt. Doch in speziellen Fällen wie dem vorliegenden ist dieses System überfordert. Weshalb?

Der Kartenausschnitt des Winterradars (anklicken für Vollbild) zeigt auf den ersten Blick undefinierbaren Aggregatszustand des Niederschlags in der Westschweiz, und dies in allen Höhenlagen. Einzig im Hochgebirge oberhalb von 2000 m wird noch reiner Schnee berechnet. Eine halbe Stunde vor diesem Ausschnitt wurde noch sämtlicher Niederschlag bis in die Niederungen als Schnee angezeigt. Was ist geschehen?

Mit dem Aufzug einer Warmfront aus Westen hat sich zunächst milde Luft in höheren Lagen durchgesetzt. Die Temperatur stieg auf dem Moléson (1974 m) innerhalb von 20 Minuten von -2.1 auf +1.3 Grad. In tieferen Lagen wurden hingegen immer noch Minustemperaturen gemessen, in Lausanne beträgt die Lufttemperatur zur selben Zeit genau 0.0 Grad. Das Höhenprofil der Temperaturkurve zeigt daher einen deutlichen Knick, an dem die Inversion (Temperaturzunahme in der Höhe) zu erkennen ist. Die automatische Berechnung der Schneefallgrenze mit einer Spannweite vom Boden bis auf 2000 m Höhe ist daher nur eine logische Folge.

10 Minuten später weist die Station Moléson wieder eine negative Lufttemperatur auf, hingegen melden nun Flachlandstationen erstmals positive Werte. Die Folge: Die Schneefallgrenze wird in einem Bereich zwischen 200 und 400 m berechnet, und schon schlägt das System aufgrund von negativen Bodentemperaturen Glatteis-Alarm:

Ausschnitt Winterradar 03.12.2012 15:45 MEZ

Ausschnitt Winterradar 03.12.2012 15:45 MEZ

Da im Kampf der Warmluft gegen den vorhandenen Kaltluftkörper die Werte in den verschiedenen Lagen alle 10 Minuten vom negativen in den positiven Bereich und wieder zurück wechseln können, spielt die Anzeige scheinbar verrückt. Hier werden ganz klar die Grenzen der Technik aufgezeigt. Der hier vorhandene Fall ist zum Glück einerseits ein extremer, und zudem auch ein eher seltener. Bei solchen Verhältnissen ist jedoch klar, dass zum Beispiel im Strassenverkehr grösste Vorsicht geboten ist.

Nachtrag: Am Abend zeigt sich nun deutlicher, dass die Station Moléson offenbar ein Messproblem hat. Mit Ausschlägen bis +5.9 Grad (Stand 21:10 MEZ) liegt sie nun jenseits jeglicher Glaubwürdigkeit, welche die Modellkarten erwarten lassen. Realistisch ist eine Nullgradgrenze bei etwa 1600 m, welche auch von der Station Chasseral bestätigt wird. Lokale Abweichungen sind immer möglich, aber niemals im Ausmass wie derzeit von der Station Moléson gemeldet. Dass solche Fehlmessungen das System von Donnerradar / Winterradar durcheinander bringen, liegt auf der Hand. Doch auch mit korrekten Messungen sind die Verhältnisse heute extrem, mit einer Isothermie (Bereich ungefähr gleicher Temperatur) vom Boden bis in 1600 m Höhe.