Wie jetzt… keine Gewittervorschau??? Ja doch, ein klein wenig schon. Aber das dominierende Thema der nächsten Tage wird die Hitzewelle sein, die – nach dem aktuellen Stand der Modelle und bereits seit einigen Tagen recht zuverlässig gerechnet – auf uns zurollt. Nun impliziert ja Hitze in unseren Gefilden fast automatisch auch Gewitter, doch gerade in diesem Punkt ist es interessant, die nächsten Tage etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Und auch Hitze ist nicht gleich Hitze, da dürfte in der nächsten Woche so ziemlich das ganze Spektrum abgerufen werden von noch relativ angenehm trocken-heiss bis tropisch anmutend, vor allem zum Ende hin (wobei dieses zeitlich noch alles andere als fixiert ist, so viel sei schon mal vorweggenommen). Egal wie man persönlich zur Hitze steht, synopisch ist die Lage auf jeden Fall höchst spannend, zumal kleine Veränderungen in der Positionierung der Druckfelder rasch mal grössere Auswirkungen auf das regionale Wetter haben können.
Doch zunächst können wir uns doch noch den Gewittern widmen. Dabei kann man Freitag und Samstag zusammenfassen:
Die Ausgangslage zeigt etwas untypisch für eine Südwestlage ein Zwischenhoch über Frankreich, das bis Sonntag nördlich der Schweiz nach Nordosten zieht und am Boden eine Bisenlage verursacht. Dabei schleift während der ganzen Zeit die Kaltfront über uns hinweg, in der Karte als Grenze zwischen den orangen und gelben Tönen zu erkennen. Wir haben also in der Höhe Südwestwind und am Boden Nordostwind, ausreichend Feuchtigkeit, mässige Labilität und als Zugabe Reste von Warmluftnestern in den Alpentälern. Entsprechend bekunden die Wettermodelle Mühe, was mit diesem kuriosen Mix anzufangen sei. Als Meteorologe steht man da wie der Esel am Berg, denn genausogut könnte man auch eine Münze werfen: Kopf oder Zahl – Gewitter oder keine Gewitter? Eins ist klar: Nass kann es fast überall während diesen zwei Tagen mal werden. Die Frage stellt sich nach der Form und der Intensität. Ich würde sagen: Es hängt davon ab, ob sich in der Wolkendecke auch mal längere Sonnenfenster auftun, damit die Suppe aufgeköchelt wird. Wenn ja, dann können rasch Gewitter entstehen, einzelne davon mitunter auch kräftig, aber kaum organisiert, was das Hauptaugenmerk vor allem auf den Starkregen richten lässt. Ohne Unterstützung unseres Tagesgestirns bleibt es eher bei schauerartig verstärkten Regenbändern, die durch kleine Wellen in der Front und Hebung in höheren Luftschichten begünstigt werden. Das alles mag ja verdammt gescheit klingen, und trotzdem hilft es der geschätzten Leserschaft, die ganz einfach wissen möchte, ob ihr Anlass an diesem Wochenende einigermassen trocken über die Runden kommt, herzlich wenig. Daher noch ein kleiner Versuch der Präzisierung, ohne Gewähr: Am Freitag ist die Luft noch einen Tick wärmer und energiereicher als am Samstag, das Risiko für ein kräftiges Gewitter ist somit Samstag etwas geringer, wenn auch ein ordentlicher Regenguss auch nicht immer angenehm ist. Und als regionale Eingrenzung kann man noch hinzufügen, dass die energiereicheren Luftnester in den Alpentälern lauern, dort das Risiko für Gewitterauslöse somit höher ist als im Mittelland oder in der Nordwestschweiz.
Deutlich konkreter kann man für den Sonntag werden: Über Westeuropa beginnt sich ein Hochdruckkeil aufzubauen, die Feuchtigkeit wird damit gleichzeitig nach Osten verdrängt und von oben her abgetrocknet. Im Osten bedeutet dies am Vormittag noch etwas hartnäckige, hochnebelartige Restbewölkung, es sollte aber bereits überall trocken sein. Im Lauf des Tages setzt sich landesweit die Sonne durch und man kann noch einmal angenehm sommerliche Temperaturen um 25 Grad geniessen.
Und dann beginnt sich mit dem Wochenstart die Hitzewelle aufzubauen:
Wir sehen hier den prognostizierten Temperaturverlauf der verschiedenen Wettermodelle in rund 1600 m Höhe. Als grobe Faustregel kann man für Bern 11 Grad draufrechnen, für Basel 14 Grad, das tiefere Mittelland liegt entsprechend der Höhenlage dazwischen. Wenn sich nicht gerade die extremsten Modellläufe durchsetzen, dann gibt der grobe Rahmen Höchstwerte zwischen 33 und 37 Grad vor. Die ominöse 40, die bereits seit einigen Tagen verschiedentlich durch den virtuellen Blätterwald geistert, wird allenfalls an Extremstandorten und vermutlich nur ausserhalb der Schweiz (West- bis Nordwesteuropa) erreicht.
Limitierende Faktoren für Rekordwerte könnten sein:
– Schleierwolken, angereichert durch Saharastaub. Die Modelle rechnen aber derzeit die Luft in den höheren Schichten derart trocken, dass die Kondensationkerne wahrscheinlich gar keine Feuchtigkeit vorfinden, die sie an sich binden könnten. Trotzdem sei die Möglichkeit hier vorsorglich erwähnt, diesbezügliche „Überraschungen“ gab es ja bei ähnlichen Wetterlagen zuhauf.
– Die Bodenfeuchte. Durch die verbreiteten Gewitter und Regenfälle der vergangenen Tage und Wochen ist die obere Bodenschicht und die Vegetation derzeit in einem guten Zustand. Ein Teil der Sonnenenergie wird somit für die Verdunstung benötigt. Anders als in den Sommern 2015 und 2003, als die Hitze auf bereits durch wochenlange Trockenheit ausgedörrte Böden traf, muss diesmal nicht mit einem überadiabatischen Zuschlag von 2-3 Grad gerechnet werden.
Und dann wäre da noch die Grosswetterlage. Liess in den letzten Tagen noch das Gespenst einer klassischen Südlage (im Sommer höchst selten), so manchen Modelllauf in utopische Sphären von bis zu 29 Grad im 850-hPa-Niveau entschwinden, so werden nun die steuernden Druckzentren nach und nach etwas westlicher gerechnet. Für Mitteleuropa kommt dabei die Lage Südost antizyklonal heraus, und je nachdem, wie sich die kleinräumigeren Bodendruckfelder anordnen, kann mitunter sogar etwas „kühlere“ Luft aus Nord bis Ost reingemischt werden:
Auf dieser Karte sieht man, wie Polarluft von Island her um das Hoch über Dänemark zuerst nach Osteuropa geführt und dann zu uns umgelenkt wird. Auf diesem langen Weg rund um das Hoch und über den aufgeheizten Kontinent wird die Polarluft allerdings sehr stark erwärmt, aber das ist dann doch eine andere Geschichte, als wenn der Ursprung der Luftmasse in der Sahara liegen würde. Auf der anderen Seite sieht man auch sehr gut den Strom, der ebensolche Saharaluft über Spanien nach Frankreich lenkt. Nach aktuellem Stand müsste die heisseste Luft also in Westfrankreich aufschlagen. Angesichts des noch langen Zeitraums und der bekannten Tatsache, dass einsame Tiefdruckgebiete wie jenes über dem Ostatlantik mitunter sehr eigenwillig sein können, ist das letzte Wort wahrscheinlich noch nicht gesprochen. Dies gilt auch für das Gewitterrisiko in der nächsten Woche: Erreicht uns die knochentrockene Luft aus Osten so wie in der obigen Karte gezeigt, dann liegt die Wahrscheinlichkeit für Gewitter selbst in den Bergen nahe bei Null. Eine südlichere Anströmung mit mehr Hitze und vor allem mehr Feuchtigkeit vom Mittelmeer her würde die Sache aber schon wieder anders aussehen lassen. Dann haben wir zwar immer noch den immensen Deckel des starken Höhenkeils, der verbreitete Gewitterauslöse hemmt. Bei ausreichendem Feuchteangebot in mittleren Lagen könnten aber die am Boden durch lokale, orografisch bedingten Konvergenzen gesammelten Feuchtepakete (Verdunstung, Schneeschmelze), die kritische Schicht überwinden. Dass solche vereinzelte Gewitter bei diesen extremen Verhältnissen sehr heftig ausfallen können, versteht sich von selbst. Es gilt also in den nächsten Tagen die prognostizierte Anströmungsrichtung in den verschiedenen Höhenlagen sehr genau im Auge zu behalten.