Sturmvorschau 08.-11.01.2015

Wind in 9000 m Höhe (Jetstream, schwarze Pfeile). Günstige Gebiete für Tiefdruckbildung sind rot dargestellt.

Wind in 9000 m Höhe (Jetstream, schwarze Pfeile). Günstige Gebiete für Tiefdruckbildung sind rot dargestellt.

Wieder steht ein Wochenende an und wieder – wie schon vor einer Woche angedroht – wird unser Wetter turbulent. Die Wetterlage scheint derzeit auf einen Wochenrhythmus getaktet zu sein, was bei lebhaften Westlagen recht häufig vorkommt. Dies liegt in der natürlichen Lebensdauer der nordatlantischen Zentraltiefs begründet, die ungefähr bei 7 Tagen liegt. Während sich das alte Tief über Skandinavien zum Sterben legt, entwickelt sich an der Südspitze Grönlands das nächste. Dazwischen gelangt Mitteleuropa in den Einfluss eines Zwischenhochs, derzeit jeweils in der ersten Wochenhälfte. Zum Wochenede hin greifen dann wieder die Tröge des neuen Tiefdruckkomplexes auf unsere Region über. Gut möglich also, dass wir uns in einer Woche wieder hier treffen werden…

Die Karte im Titelbild zeigt uns einen sehr gesunden und strammen Jetstream. Dabei werden im 300 hPa-Niveau (ungefähr in 9000 m Höhe) zwischen Island und Schottland bis zu 220 Knoten (= knapp 400 km/h) erreicht. Dort wo sich der Jetstream auffächert (in unserer Karte zwischen Schottland und Norwegen) entsteht eine Höhendivergenz, die Luft muss von unten nachströmen, steigt also auf, am Boden bildet sich ein neues Randtief. Dies geschieht zwischen Donnerstagmittag und Samstagmittag gleich drei Mal. In der Folge wird der Jetstream durch das sich aufwölbende Azorenhoch auseinandergerissen und schwächt sich ab, mit der Ostverlagerung des gesamten Systems gelangt Westeuropa neuerlich unter Hochdruckeinfluss.

Das erste (schwächste) Sturmfeld einer zum ersten Randtief gehörenden Okklusion erreicht uns am Donnerstagabend. Abgesehen von ein paar kräftigeren Böen (etwa 60 km/h) und etwas Regen geschieht dabei in den Niederungen auf der Alpennordseite der Schweiz noch nicht viel. Auf den Berggipfeln ist hingegen mit ersten Orkanböen um 120 km/h zu rechnen.

Die zweite Welle trifft am Freitagabend ein:

Windfeld in rund 1500 m Höhe in der Nacht auf Samstag

Windfeld in rund 1500 m Höhe in der Nacht auf Samstag

Dieses Sturmfeld liegt unter einer Warmfront. Der skalige Regen wird die Durchmischung stark abbremsen, sodass die Böen in den Niederungen erneut kaum mehr als 70, in exponierten Lagen 80 km/h erreichen. Auf den Gipfeln von Jura, Schwarzwald und Voralpen erreicht der Weststurm aber zu dieser Zeit den Höhepunkt mit Böen bis zu 150 km/h. Wie auf der Karte zu erkennen ist, liegt das Hauptsturmfeld weiter östlich. Dies wird insbesondere am Samstagmorgen am Alpenostrand nach dem Durchzug der Warmfront relevant, wo die Kanalisierung durch die Umströmung des Alpenriegels am stärksten wirkt. Böen von 120 km/h in der Gegend von Wien sind realistisch, auf den Berggipfeln der Ostalpen bringen solche Lagen gut und gerne 180 bis 200 km/h.

Mit der Warmfront steigt die Schneefallgrenze in der Nacht zum Samstag auf 2000 m an. Die Skigebiete haben dabei noch insofern Glück, als dass der Regen am Samstag tagsüber im Warmsektor eine Pause einlegt. Der warme Wind wird aber die Schneeschmelze in den mittleren Lagen weiter vorantreiben. Interessant wird sein, wie hoch die Temperaturen auf der Alpensüdseite steigen. Der Nordföhn wird im Lauf des Samstags vorübergehend schwächer, sodass das tageszeitliche Timing der Durchmischung nicht optimal erscheint. Die 20-Grad-Marke dürfte aber im Mitteltessin geknackt werden. Dasselbe ist für die Leegebiete am Alpenostrand lokal knapp möglich.

Wie schon vor einer Woche, erreicht am Sonntagmorgen die Kaltfront von Norden her die Schweiz. Diesmal liegt der Trogvorstoss allerdings etwas westlicher, sodass die gesamte Alpennordseite von der Kaltluft erfasst wird:

Luftmassenverteilung am Sonntagmorgen (blau = Kaltluft, grün = Warmluft). Die Kaltfront legt sich an die Alpennordseite.

Luftmassenverteilung am Sonntagmorgen (blau = Kaltluft, grün = Warmluft). Die Kaltfront legt sich an die Alpennordseite.

Die Niederschlagsintensität dürfte vor allem im Alpenstau für einige Stunden recht hoch sein, dabei sinkt die Schneefallgrenze rasch bis in die Niederungen. Nach den derzeitigen Unterlagen sind 10 bis 20 cm Schnee im höheren Mittelland durchaus realistisch, ganz unten dürfte es weniger sein, die Konsistenz des Nassschnees jedoch für den Bau von Schneemännern optimal sein. Frohe Botschaft also für alle Kinder und Junggebliebenen, die sich am Sonntagnachmittag austoben wollen. Die Gelegenheit sollte genutzt werden, denn der Lebensdauer der weissen Pracht sind in den Niederungen enge Grenzen gesetzt. Weniger gemütlich wird es am Sonntag in den höheren Lagen der Alpen sowie auf der Alpensüdseite:

Windfeld in rund 1500 m am Sonntagabend. Durch die Bildung eines Tiefs über Norditalien entsteht ein starker Druckgradient zwischen Nord und Süd = stürmischer Nordföhn

Windfeld in rund 1500 m am Sonntagabend. Durch die Bildung eines Tiefs über Norditalien entsteht ein starker Druckgradient zwischen Nord und Süd = stürmischer Nordföhn

Der Nordwind wird stürmisch bis in die Täler durchgreifen. Mit der Höhenkaltluft steigen die Temperaturen allerdings bei weitem nicht mehr so hoch wie noch am Samstag.

Fazit: Für die Schweiz wird das vor allem bei unseren nördlichen Nachbarn teils zum Orkan hochstilisierten Ereignis keine aussergewöhnlichen Auswirkungen haben. In den Ensembles tauchen derzeit keine Schnellläufer auf südlicheren Zugbahnen auf, welche für unsere Region gefährlich werden könnten.

Sturmvorschau 03.-04.01.2015

Windfeld in rund 1500 m Höhe am Samstagabend

Windfeld in rund 1500 m Höhe am Samstagabend

Noch sind sich die einzelnen Wettermodelle nicht ganz einig, wo genau, wie schnell und in welcher Stärke ein Randtief im Lauf des Samstags durch Mitteleuropa ziehen soll. Verschiebungen um 100 bis 200 km nach Norden oder Süden, aber auch um einige Stunden sind bei schnell ziehenden, kleinräumigen Sturmtiefs (auch Schnellläufer genannt) selbst in der Kurzfrist noch üblich und erschweren daher die Prognose des exakten Wetterablaufs. Die hier folgenden Ausführungen stützen sich weitgehend auf das amerikanische Wettermodell GFS und zeichnen ein mögliches Szenario ab, das aber keineswegs als Weisheit letzter Schluss gelten sollte.

Gegenüber dem Ereignis vor einer Woche sind einige Voraussetzungen anders:

  • Das Geopotenzial wie auch der absolute Luftdruck sind wesentlich höher. Dies bedeutet, dass die gezeigten Windgeschwindigkeiten für höhere Lagen gelten (etwa 1500 statt 1300 m).
  • Die nächtliche Abkühlung zuvor fällt wahrscheinlich moderater aus. Damit ist für eine leichtere Durchmischung des warmen Höhenwinds bis in die Niederungen gesorgt, der Niederschlag geht rascher bis in höhere Lagen in Regen über.
  • Das tageszeitliche Timing ist um ungefähr 9 bis 12 Stunden verschoben. Der Niederschlag setzt etwa um die Mittagszeit ein, womit die feste Phase – sofern sie überhaupt auftritt – nur von kurzer Dauer ist.
  • Nicht nur die Luftmasse in mittleren Lagen, sondern auch in der Höhe ist wesentlich wärmer und energiereicher als vor einer Woche. Die Niederschlagsintensität ist höher, die potenzielle Schneefallgrenze mit 1500 bis 2000 m aber so hoch, dass die Niederschlagsabkühlung nur noch eine untergeordnete Rolle spielt.

Interessant ist der Umstand, dass sich innerhalb des Warmsektors ein kleiner Trog befinden soll, der ähnliche Eigenschaften aufweist wie eine vorlaufende Konvergenz im Sommer, aber der Jahreszeit gemäss mit deutlich schwächeren Folgen:

Luftmassen-Analyse für Samstagabend mit eingezeichneten Fronten: rot = Warmfront, blau = Kaltfront, schwarz = "Konvergenzlinie"

Luftmassen-Analyse für Samstagabend mit eingezeichneten Fronten: rot = Warmfront, blau = Kaltfront, schwarz = „Konvergenzlinie“

An dieser Linie wird auch etwas Labilität gerechnet, sodass mit deren Eintreffen konvektiv verstärkter Regen (Schauer, möglicherweise vereinzelt sogar gewittrig) auftritt. An dieser Linie ist auch mit den stärksten Böen in den Niederungen zu rechnen. Diese dürften bei 70 bis 90, in exponierten Lagen auch bei 100 km/h oder knapp darüber liegen und sollten – sofern der Fahrplan von GFS ungefähr stimmt – in den frühen Abendstunden auftreten. Auf den Bergen, insbesondere auf den Jura- und Schwarzwaldgipfeln sowie auf den exponierten Voralpengipfeln tobt der Sturm ganztags, erreicht die Spitzen mit 120 bis 140 km/h aber ebenfalls am Abend.

Die Kaltfront schleift dann in der Nacht wahrscheinlich noch länger in west-östlicher Erstreckung knapp nördlich der Schweiz, sodass die Schneefallgrenze in den Alpen nur langsam sinkt. Im Jura und im Schwarzwald geht der Niederschlag wahrscheinlich bereits in der Nacht bis in tiefe Lagen in die feste Phase über. Mit dem Absinken der Schneefallgrenze bis in die Niederungen am Alpennordhang am Sonntagvormittag wird der Hochdruck aus Westen bereits derart wirksam, dass nur noch wenig bis gar kein Schnee mehr die tiefsten Lagen erreicht. Der Wind lässt dann auch bald nach, nur auf den Bergen sowie in den Tälern der Alpensüdseite weht noch starker bis stürmischer Nordwind:

Windfeld in rund 1500 m Höhe am Sonntagmittag

Windfeld in rund 1500 m Höhe am Sonntagmittag

Von Montag bis Mittwoch steht eine ruhige Hochdruckphase mit den üblichen Begleiterscheinungen im Winter an (Nachtfrost, in den Niederungen Nebel oder Hochnebel und in der Höhe zunehmend mild). Das Wetterlagenkarussell scheint sich derzeit im Wochentakt drehen zu wollen, jedenfalls zeigen die Modelle eine nächste mögliche Sturmphase für das nächste Wochenende an. Ob sie auch so abenteuerlich eintrifft, wie etwa GFS in den letzten Läufen vermehrt rechnet, wird sich zeigen müssen.

Prognostiziertes Windfeld in der Nacht auf Samstag, 10. Januar 2015

Prognostiziertes Windfeld in rund 1500 m Höhe in der Nacht auf Samstag, 10. Januar 2015