Gewittervorschau 12.-18.06.2020

Es ist noch nicht allzu lange her, da schwebte noch das Gespenst eines weiteren Dürre- und Hitzesommers über Mitteleuropa. In Anbetracht der letzten zwei Jahre und des trockenen Bisenfrühlings gar nicht so weit hergeholt. Nun haben sich jedoch die Druckverhältnisse über Europa zwar geringfügig, aber für das Wetter im Alpenraum entscheidend verschoben. Die Luftmassen kommen zwar zum grössten Teil immer noch aus derselben Richtung wie während den vergangenen zwei Monaten, liegen aber jetzt hauptsächlich unter Tiefdruckeinfluss – und schon ist der Witterungscharakter ein völlig anderer. Angesichts der Neigung zur Persistenz dürfte uns auch bald diese Wetterlage buchstäblich bis zum Hals stehen.

Der Titelkarte mit den grossräumigen Windströmungen und Druckgebilden können wir entnehmen: Noch immer sitzt ein fettes Hoch über dem zentralen Nordatlantik und ist massgeblich für das meridionale Zirkulationsmuster über Europa verantwortlich. Zwischen ihm und einem zweiten Hoch über Skandinavien wie auch am östlichen Rand desselben fliesst immer wieder Polarluft in Richtung Kontinent, wo sich Tröge und abgetropfte Tiefdruckgebiete gleich als Grossfamilie gemütlich einrichten. Sie schubsen sich gegenseitig – wie bei Kleinkindern üblich – ein bisschen umher und gestalten die Detailprognosen für die einzelnen Regionen zum bildlich gesprochenen Roulette, an der Grosswetterlage ändert sich aber auf absehbare Zeit nichts. Und so dürfen wir uns wohl noch eine ganze Weile an diesem Chaos erfreuen…

Chaos ist das richtige Stichwort, denn unter dieser, im Alpenraum der Höhenkarte zu entnehmenden klaren Südostströmung, spielt sich in Bodennähe an diesem Wochenende Interessantes ab. Durch Erwärmung und Streckung der Luftsäule im Lee der Alpen bildet sich eine langgezogene, von den Alpen bis nach Nordwestdeutschland reichende Tiefdruckrinne:

Während also in der Höhe immer noch warme und feuchte Mittelmeerluft über die Alpen nach Norden strömt, stellt sich auf der Rückseite der Tiefdruckrinne bodennah eine Nordwestströmung ein, unterstützt durch ein kleines Zwischenhoch über Ostfrankreich. Die perfekte Gegenstromlage ist geboren, wie der von Nordwest nach Südost verlaufende Vertikalschnitt durch die Schweiz zeigt:

Am Samstagabend erreicht kühlere Luft aus Nordwesten die Alpennordseite und wird durch die Topographie angehoben, quetscht die Warmluftreste an den Voralpen aus und drückt sie in die Höhe, wo sie mit der feuchten Luftmasse aus Süden konvergiert. Vor dem Eintreffen der Kaltluft ist es noch lange sonnig, die Grundschicht heizt sich unter der stechenden Junisonne auf und es entstehen dort, wo der Föhn keinen grossen Einfluss hat (also in der westlichen Landeshälfte der Schweiz) im Lauf des Nachmittags erste kräftige Gewitter. Diese können Sturmböen weit voraus durchs Mittelland schicken, und am Jurasüdfuss kommt wahrscheinlich auch noch der Joran ins Spiel. Nach der üblichen Formel des Labilitätsindexes (Differenz 850 zu 500 hPa lediglich 25 Grad Differenz), wäre bald mal Schluss mit Gewittern, doch aufgrund der oben geschilderten Prozesse gleicht die starke Hebung die abnehmende Labilisierung aus. Das reicht zwar nicht mehr für schwere Hagelgewitter, aber noch lange für sich nur langsam verlagernden, gewittrigen Starkregen. Dieser zieht im Lauf des Abends und der Nacht zum Sonntag langsam von den westlichen und zentralen Landesteilen in die Nordostschweiz und dürfte wohl recht flächig werden. Lokale, vielleicht auch grössere Überschwemmungen dürften dabei nicht ausbleiben. Am Sonntagmorgen zieht dieser Starkregencluster dann allmählich unter Abschwächung über den Bodensee weiter nach Bayern.

Das war’s dann vorerst auch wieder mit dem Sommerintermezzo. Was folgt, ist eine unbeständige Woche mit Temperaturen in der Höhe, die ungefähr dem langjährigen Mittel entsprechen:

Der Montag scheint unter leichtem Zwischenhocheinfluss noch am ehesten trocken verlaufen zu können, danach beginnt das Quengeltiefdruckroulette von vorne. An welchen Tagen in welchen Regionen eher die sonnigen oder die bewölkten Abschnitte überwiegen und wo es zu Schauern und Gewittern kommt, kann höchstens von Tag zu Tag bestimmt werden – wenn überhaupt. Am besten rechnet man einfach mit allem, was ein unbeständiger Juni so hergibt: Damit kann man kaum falsch liegen. Jedenfalls ist für Feuchtenachschub in der Höhe aus dem Mittelmeerraum und in den unteren Luftschichten vom Atlantik bzw. der Nordsee her gesorgt, sodass sich in Mitteleuropa wirklich niemand mehr über Trockenheit beklagen kann. Diese Niederschlagssummenkarten sind zwar nur als grobe Tendenz zu verstehen, in dieser Eindeutigkeit ist die vorgegebene Richtung allerdings klar:

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