Wetterblog

Themenschwerpunkt des neuen Wetterblogs von meteoradar ist der Radarblick auf das aktuelle Wetter. Wir möchten die User von Radar- und Blitzkarten bei deren Interpretation unterstützen. Zu bestehenden Beobachtungen, Vorhersagen und Warnungen werden in loser Folge vertiefende Erklärungen und Link-Hinweise auf externe Informationsquellen gegeben. Selbstverständlich finden auch im Nachhinein Analysen von besonderen Wetterereignissen ihren Platz.

Es ist uns ein Anliegen, bei den Lesern des Wetterblogs einen Lerneffekt auszulösen, und auf diese Weise zu einem bewussteren Umgang mit kurzzeitigen Wettergefahren wie Gewitter, Sturm, Sturzfluten, Hagel im Sommer, oder Glättegefahr im Winter beizutragen.

Der Wetterblog wird in Zusammenarbeit mit fotometeo Muriset betrieben.

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Zoomradar 2020

Vollbild-Anzeige des neuen Zoomradar 2020 bei einem starken Gewitter über dem Bodensee

Der neue Zoomradar 2020 ist online. Damit steigt die beliebte simultane Darstellung von Radarbildern, Blitzentladungen, Bodendaten, Höhenprofilen und Webcambildern ein in die Welt der (fast) unlimitiert zoombaren Karten im Stil der Google Maps und Derivate. Entstanden ist ein einzigartiges, äusserst flexibles Tool zur Beurteilung des aktuellen Wetters und dessen kurzfristige Entwicklung. Gleich zwei Webseiten von meteoradar werden mit der neuen Zoom-Darstellung ausgestattet:

metradar.ch
meteoradar.ch

Nur über metradar.ch kann, mit einem Abo Zoomradar Pro, die volle Funktionalität des neuen Produktes für die aktuelle Wetterbeurteilung genutzt werden. Diese kann jedoch in einer Demo getestet werden:

metradar.ch/2020_demo


Highlights des neuen Zoomradar 2020

Grosser Zoombereich, Zoomfaktor 1000

Karten-Hintergrund in Graustufen, unscharfe Niederschlagsechos

Stark durchschimmernder Karten-Hintergrund

Scharfe Niederschlagsechos

Farbiger Karten-Hintergrund

Anzeige der Blitzdaten bei starkem Zoomen

Anzeige nur Blitze und Gebiete mit Blitzschlagrisiko kommende Stunde

Anzeige Profildaten Temperatur/Taupunkt, Schneefallgrenze etc.

Anzeige Bodendaten mit Diagramm Verlauf letzte 24 Std, Auflösung 10 min

Anzeige aktuelle Wetter-Webcambilder

Anzeige Lokalprognose Wiewirds bis 2 Std.

News von meteoradar

Stahlblauer Himmel

Stahlblauer Himmel gestern über Sellenbüren. Die Corona-Krise verbessert nachhaltig die Luftqualität.
Aufnahme der Webcam Sellenbüren

An dieser Stelle erschienen auch schon datumsgerechte Fake-News. Uns ist momentan nicht zum Scherzen zumute. Aber wir nutzen den Corona-geprägten Quartalsbeginn für einen Statusbericht von meteoradar. Wir versichern: in diesen Infoblog ist kein Aprilscherz eingebettet!

Für die User unseres Donnerradars haben wir gute Neuigkeiten. In einigen Wochen werden wir eine neue, komplett überarbeitete Version des Zoomradar Pro online stellen. Freuen Sie sich auf die neue dynamische interaktive Zoomdarstellung im Stil der Google Maps und Derivate, und auf die geballte Ladung an Informationen zum aktuellen Wetter. Mehr möchten wir an dieser Stelle nicht verraten. Alle Abonnenten des Zoomradars Pro haben ab sofort die Möglichkeit, die Beta Version ausgiebig zu testen. Mailen Sie an support@meteoradar.ch, falls Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollen. Wir versichern nochmals: dies ist kein Aprilscherz!

Neuer Zoomradar Pro

Darstellung des neuen Zoomradar Pro bei Blitz und Donner

Im Übrigen ist die Geschäftstätigkeit von meteoradar durch die Corona-Krise stark behindert. Die Zugriffsraten auf die Webseiten von meteoradar sind im März eingebrochen. Der Vergleich mit den Zahlen der Vormonate und Vorjahre belegt, dass dieser Rückgang nur mit einem einmaligen, bisher nie dagewesenen Ereignis erklärt werden kann. Die Aktivitäten im Freien wurden auf ein Minimum beschränkt. Damit sinkt auch der Bedarf an kurzfristigen Wetterinformationen, um im Freien vor witterungsbedingten Überraschungen gefeit zu sein. Für unser Sommergeschäft verheisst das nichts Gutes. Viele Veranstaltungen sind abgesagt oder verschoben. Aufenthalte im Freien werden zunehmend uncool. Jeder Jogger, Biker oder Töfffahrer muss damit rechnen, als Virenschleuder verunglimpft und beschimpft zu werden, ob zu recht oder nicht, sei dahingestellt. Wer weiss, vielleicht kommt auch noch die Quarantäne für alle, dann können wir das Witterungsgeschehen noch durchs Fenster oder vom Balkon bewundern.

Selbstverständlich wird es auch diesen Sommer Gewitter, Hagel, Sturm und Überflutungen geben. Auch indoor ist ein Schutz vor diesen Ereignissen nicht immer gegeben. Aus diesem Grund werden wir unser Angebot weiterführen und die zu erwartenden Einnahmenausfälle in Kauf nehmen. Es gibt ja nicht nur die monetäre Seite unserer Dienstleistungen. Vielleicht können wir mit unserem breiten Angebot auch weiterhin das Interesse wecken an den unendlich zahlreichen Facetten unserer Witterung, seien dies wunderschön blaue Himmelsfarben, sternenklare Nächte, an Ort schwebende Wolkenfische, die geballte Energie von sich auftürmenden Gewitterwolken, oder die unheimliche Kraft von Blitz, Donner, Hagelschlossen.

Mit unseren Partnerfirmen Meteotest AG und fotometeo Muriset leben wir die Praxis einer harmonischen und für beide Seiten profitablen Kooperation. Die formellen Übernahmeverhandlungen von meteoradar durch Meteotest haben wir vorübergehend ausgesetzt. Wir konzentrieren uns auf die Sicherstellung unserer Dienste, und auf die Pflege und Weiterentwicklung unserer Produkte. Für letzteres bleibt viel Zeit übrig – vielleicht auch ein positiver Aspekt der Gegenwart, siehe oben…

Analyse zum Sturm „Sabine“ und Vergleich mit „Petra“

Windmessanlage von MeteoSchweiz in Luzern

Gemessen an der Aufmerksamkeit, die der Sturm „Sabine“ vom 9. bis 11. Februar 2020 bereits im Vorfeld erhalten hatte, hätte es mindestens ein „Lothar“ werden müssen. Sogar von einem „Monster-Orkan“ war bisweilen die Rede. Herausgekommen ist ein Wintersturm, wie er im Schnitt alle zwei bis fünf Jahre vorkommt. „Burglind“ im Januar 2018 war in der Schweiz sogar noch etwas stärker. Von „Petra“ eine Woche zuvor war kaum die Rede. Wir wollen hier genauer auf die Prognostizierbarkeit dieser Stürme eingehen und ein paar Vergleiche anstellen. Stimmt etwa der Spruch „frühzeitig erkannte Katastrophen sind keine Katastrophen“?

Sturm „Petra“ stand am Montag, 3. Februar gerade vor der Tür und wurde von den Medien kaum beachtet, als bereits auf ein Ereignis eine Woche später geschielt wurde. Der Name des neuen Tiefs war noch nicht bekannt, vielleicht deshalb bekam er die Bezeichnung „Monster-Orkan“. Grund dafür waren Karten der Globalmodelle, die einen extrem starken, direkt auf Mitteleuropa gerichteten Jetstream zeigten. Das sieht doch aus wie damals bei Lothar? Und schon war die Schlagzeile gezimmert. Nun muss man wissen: „Lothar“ war ein absoluter Ausnahmefall, den wir vermutlich nur einmal in unserem Leben zu sehen bekommen. Aufzuzählen, was da alles ganz genau zusammenpassen musste, damit sich dieser extreme Sturm in kürzester Zeit entwickeln und recht überraschend Mitteleuropa heimsuchen konnte, würde den Rahmen dieses Blogs sprengen. Dass man seither jeder ähnlichen Wetterlage die maximale Wachsamkeit schenkt, ist die erfreuliche Folge eines Lernprozesses. Man könnte auch sagen: „Aus Schaden wird man klug“. Doch leider ist heute im Zeitalter von Clickbait jedes Mittel recht, um die Aufmerksamkeit der Newsfeed-Junkies auf sich zu ziehen. Der Sache (dem gezielten Warnen der Bevölkerung vor realen Gefahren) ist das wenig dienlich, zumal ähnlich gefährliche Lagen (z.B. Sturm „Petra“), die sich anders – man könnte sagen: hinterlistiger – anschleichen, nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommen.

Was also war es, was ausgerechnet dem Sturm „Sabine“ lange im voraus in den „Focus“ rücken liess? Es war schlicht und einfach die Grosswetterlage. Von wegen, man kann das Wetter eine Woche im voraus nicht prognostizieren! Je grösser ein System, desto besser klappt das. Und das Sturmsystem Ruth/Sabine war gewaltigen Ausmasses, wir haben in unserer Sturmvorschau vom 9. Februar darüber berichtet. Hier ein Vergleich Analyse (links) und Prognose (rechts) genau eine Woche vor dem Ereignis (Klick ins Bild öffnet eine grössere Version):

Nicht nur die grossräumige Druckverteilung mit strammen Westströmung über den gesamten Nordatlanik wurde sehr gut erfasst, sogar Position und Kerndruck des Sturmtiefs vor der norwegischen Küste wurden zu diesem Zeitpunkt bereits perfekt berechnet. Nun darf man zugeben, dass andere Modelle das nicht so genau hinbekommen hatten, auch wenn die Wetterlage fast durchgängig gut erfasst wurde. Erfahrene Meteorologen aber wissen, dass das gezeigte Modell ECMWF im Bereich von 7 Tagen in der Regel unschlagbar ist, was hiermit wieder einmal bewiesen wurde. Den einzigen Makel, den man hier anbringen könnte: Das Übergreifen des Sturms auf Mitteleuropa kam schlussendlich einen halben Tag früher, aber das ist eine Woche im voraus ziemlich irrelevant.

Ungefährer Zeitpunkt, Ausdehnung und Dauer des Sturms waren also bereits mehrere Tage im voraus klar, einzig die Frage nach den lokalen Sturmspitzen und somit die konkreten Auswirkungen und die zu erwartenden Schäden waren bis kurz vor Eintreffen des Ereignisses offen, da überraschende Entwicklungen von Randtiefs in der Frontalzone nicht ausgeschlossen werden konnten. Aus diesem Grund wird bei solchen Lagen immer möglichst lange mit genauen Prognosen zugewartet: Unsere Sturmvorschau entstand im Lauf des Sonntagmorgens. Wir gehen daher in der Folge vor allem auf die Modellvarianten ein, die zu diesem Zeitpunkt verfügbar waren.

Nehmen wir es vorweg: Die grösste Überraschung geschah am Sonntagabend, der noch gar nicht wirklich im Fokus der meisten Prognosen lag. Entsprechend findet man in den Rückschauen anderer Wetterdienste meist nur Grafiken und Statistiken ab Montag 00 Uhr. Als ob man durch das Totschweigen von Überraschungen (Fehler wollen wir es nicht nennen, als Meteorologe muss man sich weitgehend auf Modelle und statistische Outputs verlassen können) etwas lernen könnte. Zitat aus unserer Sturmvorschau: „Schauen wir auf das DWD-MOS, so sehen wir am Beispiel der Station Rünenberg im Basler Jura, dass die Wahrscheinlichkeit für Böen über 100 km/h während 30 bis 36 Stunden über 70 % liegt, und zwar von Sonntagabend bis Dienstagmorgen.“

Zum Vergleich der zum selben Zeitpunkt neueste verfügbare Lauf von Cosmo-D2 (klickmich)

Gezeigt wird die Prognosekarte des französischen Wettermodells mit den zu erwartenden Böenspitzen während der Stunde vor Mitternacht, eingefügt haben wir ein paar ausgewählte Messwerte während dieser Zeitspanne. Wir sehen die Station Rünenberg im Basler Jura mit dem höchsten Messwert von 148 km/h des gesamten Sturms „Sabine“ unterhalb von 1000 m, auch der Spitzenwert auf dem Chasseral mit 144 km/h wurde bereits zu diesem frühen Zeitpunkt erreicht. Nun: Wenn Modell wie MOS im fraglichen Zeitraum Böenspitzen von 100-120 km/h zeigen, dann aber über 140 km/h gemessen werden, dann darf man durchaus von einer faustdicken Überraschung reden. Besser erfasst wurden die Werte für den Hochrhein von Basel bis Schaffhausen wie auch für den Föhnsturm in den Alpentälern, vor allem im St. Galler Rheintal.

Besonders im Fokus standen die zu erwartenden Spitzenwerte beim Eintreffen der Kaltfront am Montagvormittag:

Zum Vergleich der zu diesem Zeitpunkt neueste verfügbare Lauf von Cosmo-D2 (klickmich), hier wird die Sturmspitze zwei Stunden früher erwartet (daher war in unserer Sturmvorschau auch von Montagmorgen die Rede, nicht vom Vormittag).

Die gemessenen Werte in den tiefen Lagen um 10:00 MEZ (+/- eine Stunde) entsprachen sehr gut den Vorstellungen des Modells, insbesondere der Schwerpunkt entlang des Hochrheins und am Rand der östlichen Voralpen wurde sehr gut erfasst, entlang dieser Achse gab es auch die einzigen Blitzentladungen an der Front. Etwas aus dem Rahmen fällt der Messwert vom Zürichberg mit 124 km/h, allerdings ist diese Station wegen ihrer exponierten Lage auf dem Hausdach der ehemaligen meteorologischen Zentralanstalt für solche Spitzen bekannt. Weniger repräsentativ ist diese Station deswegen nicht, steht sie doch für zahlreiche Siedlungen an Hügeln im Schweizer Mittelland und für Böen in Hausdachhöhe, wo jeweils am ehesten mit Sturmschäden zu rechnen ist.

Eine weitere Frage in unserer Sturmvorschau war jene, ob es die Höhenkaltluft auf der Rückseite der Front am Nachmittag in die Nordostschweiz schafft und damit einhergehend schwere Sturmböen in Begleitung von Gewittern auftreten können. Die Unsicherheit diesbezüglich haben wir thematisiert und in der folgenden Animation soll dargestellt werden, wie sich die Prognose von Sonntagmorgen bis Montagmittag für den Zeitpunkt Montag 15:00 MEZ entwickelt hat:

Man erkennt gut, wie die Höhenkaltluft (blau) von Lauf zu Lauf nach Nordosten verschoben wurde. Schlussendlich war die Luftschicht in rund 5500 m Höhe in der Nordostschweiz vier Grad wärmer als noch am Sonntagmorgen gerechnet. Entsprechend war die Labilität weg, es bildeten sich nur harmlose Schauer und der Montagnachmittag war die ruhigste Phase während des Sturms. Ganz sicher war man diesbezüglich aber erst am Montagvormittag, auch als sich abzeichnete, dass die verwellende Kaltfront vom Hoch südwestlich von uns (Genferseeregion mit Luftdruck um 1020 hPa, das ist Hochdruckrandlage) wieder von den Alpen weggeschoben wird. Die Schwierigkeit bezüglich Prognostizierbarkeit von Zeitpunkt und Postion von Wellen innerhalb der Front lässt sich am besten so erklären: Man stelle sich vor, dass sich die Luftmasse an der Frontalzone in Lagen zwischen 1500 und 3000 m mit 120 bis 150 km/h nach Osten bewegt. Entsteht eine Welle nur zwei Stunden später als vom Modell berechnet (das ist im Prognosezeitraum von 24 Stunden ein Klacks), liegt sie also bereits 240 bis 300 km/h abseits der prognostizierten Stelle. Ob Kaltluft auf den Jura trifft oder die bayerischen Alpen, ist für das Schweizer Mittelland nicht ganz unerheblich.

Die nächste Frage war die nach der zweiten Sturmspitze um Mitternacht von Montag auf Dienstag. Sie wurde deutlich kürzer modelliert als jene am Montagvormittag, entsprechend ist hier der Höhepunkt in der Osthälfte der Schweiz dargestellt, im Westen lag er eine Stunde früher:

Zum Vergleich der Prognoselauf von Cosmo-D2 (klickmich), hier wurde der Höhepunkt zwei bis drei Stunden später erwartet.

Im Mittelland wurden die Spitzenwerte vom Vormittag nur punktuell übertroffen, meist lagen sie um 10-20 km/h tiefer. In den Alpentälern, insbesondere im Berner Oberland und im Wallis, war der Sturm am Abend jedoch deutlich stärker, auf den Berggipfeln der Alpen sowieso. Im Grossen und Ganzen wurde aber auch dieser zweite Höhepunkt vom Modell recht gut erfasst, allenfalls mit einer leichten Zeitverschiebung. Einige Stationen, insbesondere in den östlichen Alpentälern, registrierten die höchsten Werte des Sturms allerdings noch später, nämlich am Dienstagmorgen als Begleitung von Schauern in der rückseitigen Kaltluft. Und hierin liegt die Besonderheit von „Sabine“, nämlich in der bereits in der Vorschau erwähnten Dauer. Zwischen den Spitzen im Jura und jenen in den östlichen Alpentälern lagen 36 Stunden, dazwischen gab es im Flachland nur kurze, ein wenig ruhigere Phasen (die aber immer noch Sturmböen brachten). Bei „Petra“ eine Woche zuvor fegte der Sturm innerhalb von etwa sechs Stunden durch (Ausnahme war eine Nachzügler-Böe in Glarus), allerdings mit ähnlich hohen Spitzenwerten im Flachland. Hier der Vergleich der beiden Stürme:

Weil „Burglind“ eingangs erwähnt wurde, hier noch ein Link (klickmich) zu den Spitzenwerten vom 3. Januar 2018.

Es lässt sich festhalten: Auf den Alpengipfeln war „Sabine“ eindeutig stärker als „Petra“, in den meisten Alpentälern ebenfalls. Im Mittelland und im Jura wie auch auf den Voralpengipfeln ist der Vergleich hingegen wesentlich komplexer. Die Tatsache, dass in Thun und Zürich mit 129 bzw. 128 km/h der Sturm „Petra“ lokal höhere Spitzenwerte im Flachland produzierte als „Sabine“, lässt uns zum Anfang dieses Beitrags zurückkommen: Es sind nicht immer die „Monster-Orkane“, welche bei mir vor Ort die grössten Schäden hervorrufen. Es können auch bei gewöhnlicheren Stürmen lokale Spitzen auftreten, die durch die örtlichen Gegebenheiten wie Leitplanken- und Düseneffekte, Fallwinde und Rotoren oder schlicht durch den Zufall eines Volltreffers mit einem eingelagerten Gewitter heruntergemischter Höhenkaltluft Gefahren entstehen. Den Schluss den man daraus ziehen muss: Egal, wie lächerlich die vermeintlich übertriebenen Warnungen und Massnahmen (gesperrte Wälder und Parks, eingestellte Bahnlinien, Schulausfall etc.) teilweise von der Öffentlichkeit gemacht werden: Wenn durch solche Vorsichtsmassnahmen Leben gerettet werden können, dann hat es sich gelohnt.

Sturmvorschau 09.-16.02.2020

Im Februar 2020 scheint das Motto zu lauten: Wöchentlich grüsst das Murmeltier. Ist eine Westlage über dem Nordatlantik mal so richtig eingefahren, so kann sie über längere Zeit hinweg in gleichmässigen Abständen Sturmtiefs nach Europa schicken. Dabei kann man häufig beobachten, dass sich dabei ungefähr ein 7-Tage-Rhythmus einstellt. Betrachtet man den Zeitraum von Ende Januar bis Mitte Februar (so weit reichen die einigermassen verlässlichen Modellrechnungen), so kommen wir auf vier Stürme in vier Wochen, wobei der Abstand zwischen den Sturmspitzen diesmal ziemlich genau sechs Tage beträgt. Wie bei einem gepflegten 4-Gang-Menü wurde am 28. Januar die Vorspeise serviert, der erste Hauptgang folgte am 4. Februar, nun steht am 10./11. Februar der zweite Hauptgang auf dem Tisch und für das nächste Wochenende kündigt sich in einigen Modellen das Dessert an.

Ein Blick auf die Titelkarte mit der grossräumigen Druckverteilung und den Strömungen in rund 5500 m zeigt wie schon vor Wochenfrist eine direkte und sehr starke Westströmung über den ganzen Nordatlantik hinweg bis nach Europa. Dabei wird über der Schweiz eine Höchstgeschwindigkeit von 125 Knoten = ca. 225 km/h erreicht. Angetrieben wird die ganze Sache durch extreme Temperaturunterschiede auf engstem Raum und einem maximal ausgeprägten, schnurgeraden Jetstream:

Man achte auf dieser Karte auf die kleinen weissen Pluszeichen, die wie auf einer Perlenkette aufgereiht sind. Dies sind Divergenzbereiche, also Zonen, in denen in grosser Höhe die Winde auseinanderlaufen. Dadurch entstehen vereinfacht gesagt Luftlöcher, und diese können aufgrund der Tropopause, die im Winter in etwa 10 km Höhe wie eine Sperrschicht wirkt, nur von unten her aufgefüllt werden. Es entsteht Hebung, dadurch sinkt der Luftdruck am Boden: neue Tiefs werden geboren. Der Jetstream steuert diese kleinen, aber giftigen, in die Frontalzone eingelagerten Randtiefs dann zügig nach Osten in den Kontinent hinein. Und weil im Tiefdruckgebiet der Wind im Gegenuhrzeigersinn dreht, ist der Wind am Südrand dieser Tiefs doppelt beschleunigt: Zur Zuggeschwindigkeit des Tiefs kommt die Eigendynamik des Windes ums Tief herum hinzu. So viel zur Einführung über die Gefährlichkeit dieser sogenannten Schnellläufer.

Nun wurde ja bereits seit Tagen von verschiedenen Wetterdiensten vor dieser Sturmlage gewarnt, und es ist zweifellos einer der stärksten Stürme der letzten Jahre, der Festland-Europa heimsucht. Wobei damit nicht zwingend die absoluten, lokalen Windspitzen gemeint sind (diese sind aus verschiedenen Gründen noch unsicher, dazu später mehr…), sondern vielmehr die Ausdehnung und die Dauer des Sturms. Dies verdeutlicht die Europakarte mit den groben Böenspitzen für Montagmorgen:

Diese Karte des amerikanischen Globalmodells eignet sich nicht für die Einschätzung der lokalen Böenspitzen, sondern soll lediglich das grobe flächige Potenzial aufzeigen. Und dieses zeigt zumindest orkanartige Böen von der Südspitze Grönlands über ganz West- und Mitteleuropa hinweg bis ins Baltikum zum selben Zeitpunkt. Diese Situation besteht auch 24 Stunden später noch, wenn auch etwas abgeschwächt. Man kann also davon ausgehen, dass fast die gesamte Nordhälfte Europas von Schäden an Infrastruktur und Wäldern sowie Behinderungen im Verkehr betroffen sein wird.

Zoomen wir in die Schweiz und die angrenzenden Gebiete. Zunächst ein paar Zahlen zur Dauer der Sturmlage. Schauen wir auf das DWD-MOS, so sehen wir am Beispiel der Station Rünenberg im Basler Jura, dass die Wahrscheinlichkeit für Böen über 100 km/h während 30 bis 36 Stunden über 70 % liegt, und zwar von Sonntagabend bis Dienstagmorgen. Auf dem Säntis dauert die Wahrscheinlichkeit von mindestens 50 % für Böen über 100 km/h durchgehend von Sonntagabend bis Freitagmorgen, wobei am Montagmorgen eine Spitze von knapp 180 km/h berechnet wird. Für die exponierten Lagen des Mittellands ist die Station Zürichberg repräsentativ: Hier wird eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 50 % für Sturmböen über 75 km/h durchgehend von Sonntagabend bis Mittwochmorgen gezeigt.

Nun zum Thema, das wohl den meisten unter den Nägeln brennt: Wie stark werden die Böenspitzen? Da muss man ehrlicherweise sagen: Man weiss es nicht. Auch wenn die Wettermodelle seit Lothar 1999 massiv verbessert wurden: 24 Stunden vor dem Eintreffen eines Schnellläufers kann man zwar das Potenzial grob abschätzen, nicht aber die punktgenauen Böenspitzen. Das liegt einerseits daran, dass diese kleinen Randtiefs in den Modellen mal gar nicht, mal als relativ harmlose Welle, mal als eigenständiges Tief gerechnet werden – und das zu allem Überfluss auch noch zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die zahlreichen heutzutage zur Verfügung stehenden hoch aufgelösten Modelle stiften da eher noch Verwirrung: Welcher der zahlreichen Varianten soll man vertrauen? Man kann in einer solchen Situation einzig auf Erfahrung und synoptische Gesamtzusammenhänge bauen. So ist nebst der oben geschilderten Unsicherheiten vor allem entscheidend, wie stark die vertikalen Umlagerungen sind und somit die Windgeschwindigkeiten höherer Luftschichten bis zum Boden durchgereicht werden. Geht man von einer im Winter gültigen Faustregel von Faktor 0.8 des 850 hPa Windes aus, so muss in den Niederungen flächig mit Böen von 80 km/h ausgegangen werden – dies ist mal der Grundstock. Oder anders ausgedrückt: Es werden wahrscheinlich nur wenige, eher windgeschützte Stationen Böen von weniger als 80 km/h messen. Die absoluten Spitzen hingegen sind stark davon abhängig, ob an der Kaltfront oder allenfalls dahinter Gewitter auftreten. Und diesbezüglich gibt es eine gute Nachricht: Die Kaltfront am Montagmorgen liegt schleifend über dem Mittelland, während die Höhenkaltluft noch weit weg ist. Während also auf den Bergen der Sturm am stärksten ist, sieht es bezüglich Durchmischung ins Flachland eher mau aus. Zumindest für den Montagmorgen kann also von einem moderaten Kaltfrontdurchgang gerechnet werden und die Spitzenböen bleiben wahrscheinlich unter jenen vom vergangenen Dienstag.

Kniffliger wird es am Montagnachmittag, wenn möglicherweise Höhenkaltluft die Nordostschweiz streift (diesbezüglich gibt es zwischen den Modellen recht grosse Unterschiede). Hier wird eine ausreichende Labilität für Gewitter möglicherweise knapp erreicht, allerdings sind dann die Höhenwinde auch schon wieder etwas schwächer. Böen von 120 km/h und etwas mehr wenn es ganz dumm läuft, kann man somit zwischen Zürich und dem Bodensee nicht völlig ausschliessen.

Ein zweites Maximum (wenn auch etwas schwächer als jenes vom Montagmorgen) wird beim Höhenwind in der Nacht zum Dienstag gezeigt, doch auch hier scheint die Labilität für starke konvektive Umlagerungen nicht auszureichen. Bleibt es also bezüglich Druckverteilung und Höhenkaltluft bei den aktuell modellierten Berechnungen, kommen zumindest die Niederungen relativ glimpflich davon. Dennoch gilt für die Meteorologen bis Dienstag maximale Aufmerksamkeit, um eine allfällige rasche Entwicklung eines starken Randtiefs in der schleifenden Front rechtzeitig zu erkennen. In solchen Fällen liegt die Vorlaufzeit für Warnungen vor einem heftigeren Ereignis leider immer noch bei wenigen Stunden, maximal einem halben Tag.

Noch ein Wort zu den Niederschlägen: Aufgrund der raschen Zuggeschwindigkeit der Niederschlagspakete sind die Regenmengen im Mittelland relativ bescheiden. Es kann zwar beim Frontdurchgang ordentlich schütten, die Sache ist aber rasch durch. Da sich die Front bei permanentem Wind aus West bis Südwest nicht richtig an den Alpen stauen kann, ist auch hier trotz relativ hoher Schneefallgrenze (ca. 2000 m im Warmsektor Montag früh, 1200 m Montagmittag und 800 m am Montagabend) kaum von Hochwassgefahr auszugehen. Mit den Schneefällen in den Alpen, die bis Mittwoch mit stürmischem Wind verweht werden, steigt allerdings erneut die Lawinengefahr. Mit Schneeschauern bis in die Niederungen ist am ehesten von Dienstagabend bis in den Mittwoch hinein zu rechnen, allerdings sind die Temperaturen zu hoch, als dass etwas nennenswert länger liegen bleiben dürfte.

Da wir eingangs bereits das Dessert erwähnt haben, sei noch ein Blick in die Glaskugel erlaubt: Nächstes Wochenende steht möglicherweise der nächste Sturm an:

Von den vier Modellen, die so weit rechnen, steht GFS damit allerdings noch alleine da, und bereits im 6z-Lauf sieht es etwas gemässigter aus. EZMWF, ICON und GEM rechnen deutlich antizyklonaler, das wäre dann ein laues, aber extrem mildes Lüfterl aus Südwest. So oder so bleibt es spannend und die Aufmerksamkeit bei der Modellbetrachtung sollte vorerst nicht nachlassen…

Die Sache mit den Dezibel

Idealisierte Schallwelle. Der Schalldruck ist die Druckdifferenz zum Luftdruck und wird, wie der Luftdruck, in Pascal angegeben.

Anlass dieses Beitrages ist ein Artikel in der heutigen Ausgabe der NZZ unter dem Titel „Wie viel leiser ist Tempo 30 wirklich“. Der Baudirektor des Kantons Zürich, Martin Neukomm, äusserte sich, dass der Lärm durch die Temporeduktion von 50 auf 30 km/h halbiert wird. Wie üblich, wird er für diese Aussage kritisiert. So sei der Rückgang „lediglich“ 19 Prozent. Bundesämter gehen von einer Reduktion des sog. Schalldruckpegels um 2 bis 4.5 Dezibel aus. Damit der wahrgenommene Lärm halbiert werde, brauche es aber eine Reduktion um 10 Dezibel. Diese Zahlen sind einigermassen verwirrend. Wie steht es nun wirklich um die Dezibel und die effektive „Lärm-Reduktion“?

Die Dezibel spielen auch in der Radarmeteorologie eine grosse Rolle. Da ist die sog. Radarreflektivität, auch als „Z“ bezeichnet, eine fundamentale Grösse. Diese ist ein Mass für die Niederschlagsstärke, wenn auch kein besonders gutes, und wird in (mm6/m3) angegeben. Es ist eine Grösse, welche typischerweise zwischen 0.001 und 100 Millionen (mm6/m3) variieren kann. Zumindest sind die heutigen Radarmessgeräte in der Lage, etwa diesen Messbereich, 11 Grössenordnungen, abzudecken. Eine respektable Leistung der Radartechnik.

Das menschliche Hirn ist jedoch mit diesen elf Grössenordnungen ziemlich überfordert. Aus diesem Grund berechnet man den Zehnerlogarithmus von Z und definiert die Einheit „Dezibel“ oder „dBZ“ wie folgt:

dBZ = 10*log10(Z)

Der oben angegebene Wertebereich variiert dann zwischen -30 und 80 dBZ. Durch das Logarithmieren werden Quotienten zu Differenzen. Eine Differenz von zwei dBZ-Werten wird in dB (ohne das Z) wiedergegeben. Eine Differenz von 10 dB entspricht einem Faktor 10 Unterschied zweier Z-Werte. Und eine Differenz von 3 dB entspricht ziemlich genau einem Faktor 2 Unterschied zweier Z-Werte.

Beispiel:
Z1 = 10’000 mm6/m3 = 40 dBZ
Z2 = 1’000 mm6/m3 =30 dBZ
Z1/Z2 = 10 = 40 dBZ – 30 dBZ = 10 dB

Und nun zur Akustik. Da ist es ähnlich aber nicht genau gleich. Das physikalische Mass für die Lautstärke ist der sog. Schalldruck oder Schalldruckpegel. Dieser kann, wie der Luftdruck, als p bezeichnet werden und wird in Pascal angegeben. Wie die oben rechts wiedergegebene Abbildung zeigt, kann der Schalldruck als Abweichung vom Luftdruck durch eine Schallwelle definiert werden. Der Schalldruck umfasst typischerweise eine Spannweite von mindestens 15 (!) Grössenordnungen. Dies ist jedenfalls der Bereich, den das menschliche Ohr erfassen kann, bevor das Trommelfell reisst. Wenn man also das klobige Radargerät als eine respektable Errungenschaft der Technik bezeichnet, dann ist das Ohr ein Wunder der Natur. Dies sei nur so nebenbei festgehalten.

Aufgrund der riesigen Spannweite des Schalldrucks hat sich ebenfalls die logarithmische Einheit „Dezibel“ eingebürgert. Eigentlich müsste man, in Analogie zu dBZ, die Einheit dBp einführen. Diese Konvention hat sich jedoch nicht durchgesetzt. Man verwendet die Einheit dB sowohl für den logarithmischen Masstab des Schalldrucks als auch für den Logarithmus des Quotienten zweier Werte des Schalldrucks. Aber aufgepasst, die Definition der akustischen Einheit dB (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Schalldruckpegel) ist nicht die gleiche wie diejenige der radarmeteorologischen Einheit dBZ:

dB = 20*log10(p*50000)

Eine Abnahme um 3 dB des Schalldrucks bedeutet nun nicht mehr eine Reduktion um 50% (wie im Falle der Radarreflektivität), sondern lediglich eine solche um ca. 30%. Und 10 dB Abnahme bedeutet eine Reduktion um ca. 70%. Das rechnet sich sehr schnell, wenn man in der angegebenen Gleichung für p die Werte 1, 0.7 und 0.3 (Pascal) einsetzt:

20*log10(50000) = 93.98 dB
20*log10(35000) = 90.88 dB
20*log10(15000) = 83.52 dB

Soweit so gut. Die entscheidende Frage ist jedoch, wie der wahrgenommene Lärm vom Schalldruck abhängig ist. Diese Relation ist nichtlinear und frequenzabhängig, siehe hierzu ebenfalls den oben zitierten Artikel von Wikipedia. Die Frage nach der Lärmreduktion durch Geschwindigkeits-Beschränkungen wird so sehr schnell eine nicht-triviale Angelegenheit. Man tut also gut daran, die Botschaften der Politiker zu diesem Thema sehr kritisch zu hinterfragen.

 

Wenn’s an Lichtmess stürmt…

… dann ist der Frühling bereits da. Ungefähr so muss man die alte Bauernregel in unsere Zeit umdeuten, denn der zweite Teil von „stürmt und schneit“ tritt nur noch sehr selten auf, zumindest in tiefen Lagen. In der Tat hat die aktuelle Schneefallgrenze von rund 2000 m mit Winter so ziemlich gar nichts zu tun. Zwar ändert sich dies ab kommendem Dienstag kurzzeitig. Dass es rückseitig von Tiefdruckgebieten Anfang Februar auch mal bis in tiefe Lagen schneien kann, sollte eigentlich eine sogenannte „Nicht-Nachricht“ sein, stattdessen springt man in manchen Redaktionsstuben aber bereits wieder im Dreieck deswegen. Da können wir mit unserer nüchternen Betrachtung in Sachen Klicks natürlich nicht mithalten 😉

Schauen wir uns die grossräumige Ausgangslage mal an (ein Klick auf das Titelbild öffnet eine grössere Version), so stellen wir fest, dass eine stramme Westströmung direkt nach Mitteleuropa zielt. Der Ursprung der herangeführten Luftmasse – man erkennt es an den Windfiedern – liegt aber in der Karibik. Kein Wunder, bricht unsere Natur derzeit in Frühlingsgefühle aus. Am linken Kartenrand erkennt man aber auch, dass der Wind auf Nordwest dreht. Da sich das ganze System mit dem Jetstream sehr rasch nach Osten verlagert, erreicht uns diese Nordwestströmung am Dienstag und leitet eine kurze „Kaltphase“ ein. Was allerdings im Nichtwinter 2019/20 bedeutet, dass die Temperatur für ein paar wenige Tage nur geringfügig unter das langjährige Mittel fällt. Von wochenlang knackig-strengen Februarfrösten, wie das die älteren Semester unter uns noch aus fast jedem Winter kennen, sind wir etwa so weit entfernt wie von Schneesturm im kommenden Juli.

Was bringt uns also die Karibikluft abgesehen von Regen bis ins Hochgebirge? Vor allem mal starken Wind:

Da es sich hierbei um einen Warmfrontsturm mit geringer Böigkeit handelt, wird die Warnschwelle im Flachland nur knapp erreicht. Verbreitet ist mit Böen um 60 km/h zu rechnen, in freien Lagen sowie auf den Hügeln können es etwas über 80 km/h werden. Markanter ist der Sturm auf den Bergen mit orkanartigem Mittelwind und Böen bis 140 km/h. Das ändert auch im Warmsektor am Montag nicht gross. Mit weniger Niederschlag und ein paar sonnigen Abschnitten wird es aber noch eine Spur wärmer. 15 Grad dürften im Flachland verbreitet erreicht werden, in Lagen mit (Süd-)Westföhneffekt (z.B. Thun, Giswil, Luzern, Altenrhein) würden einzelne Spitzen bis nahe 20 Grad aber auch nicht erstaunen.

Die eigentliche Sturmspitze wird in der Nacht von Montag auf Dienstag mit dem Eintreffen der Kaltfront erwartet. Mit einem Temperatursturz von etwa 10 Grad in kurzer Zeit ist mit heftigen Böen zu rechnen. In die Kaltfront eingelagerte Gewitter können die Durchmischung des Höhenwinds bis zum Boden noch zusätzlich fördern, daher sind lokale Spitzen um 120 km/h durchaus im Bereich des Möglichen. Gerade im morgendlichen Berufsverkehr sind dann auch Schnee und Graupel bis ins Flachland zu erwarten, zusammen mit dem starken Wind eine heikle Angelegenheit.

Am Dienstag tagsüber wird in den unteren Luftschichten wieder etwas mildere Luft herangeführt, was die theoretische Schneefallgrenze auf etwas über 500 m ansteigen lässt. Theoretisch deshalb, weil dann die Höhenkaltluft (etwa -38° in 500 hPa) über uns liegt. Das ist hochgradig labil, daher ist am Nachmittag und Abend mit weiteren heftigen Schauern und einigen Gewittern zu rechnen. Bei intensiven Niederschlagsraten und der entsprechenden Schmelz- und Verdunstungskälte reicht das locker für weitere Schnee- und Graupelschauer bis in die tiefsten Lagen, weiterhin begleitet von Sturmböen. Erst am Mittwochmorgen beruhigt sich die Lage allmählich. Bis zu diesem Zeitpunkt dürften im Nordstau der Alpen bis zu 60 Liter Niederschlag gesammelt werden, das entspricht in höheren Lagen ungefähr einem Meter Pulverschnee, der angesichts des starken Windes allerdings nicht gleichmässig verteilt sein dürfte.

Danach legt sich für 48 Stunden ein kräftiges, aber nicht beständiges Hoch über Mitteleuropa. Mit Bise und vermutlich auch etwas Hochnebel gibt das wie schon oft in diesem Winter mal wieder zwei Tage „Winter light“. Nur wenn die Nächte klar bleiben, kann die Temperatur im Flachland auch mal knapp unter -5 °C sinken. Angesichts der Lichtmess-Regel, die aufgrund der Kalenderreform auf ein paar Tage nach dem 2. Februar zu liegen kommt, müsste man nun denken, dass doch noch der Winter Einzug hält. Doch das Hoch ist nur ein Intermezzo. Der Polarwirbel ist so kräftig wie noch selten in den letzten Monaten und kurbelt die Tiefdruckbildung über dem Atlantik weiter an. So ist bereits zum nächsten Wochenende mit der nächsten milden und windigen, je nach Modell sogar stürmischen West- bis Südwestlage zu rechnen. Der Frühling ist gekommen, um zu bleiben. Und wie in jedem Frühling, gibt es zwischendurch auch mal ein paar kältere Tage.

Neuerungen 2020 Donnerradar

Bodenstationsdaten Delémont

Die 10-minütigen Bodenmessdaten der Station Delémont im Zoomradar. Der Verlauf der Bodentemperatur (grüne Kurve) zeigt eindrücklich die Bildung von Bodennebel frühmorgens um 02.30 Uhr.

Wir wünschen allen ein glückliches Neues Jahr.

Mit dem Jahreswechsel gibt es zwei spannende Neuerungen:

  • Im Zoomradar sind ab sofort Diagramme der Bodenmessdaten eingebettet. Die letzten 24 Stunden der verfügbaren Messreihen werden in voller 10-minütiger Auflösung wiedergegeben.
  • Mit dem Jahreswechsel erhalten wir die Blitzmessdaten von einem neuen Anbieter. Die Höhe der Wolkenblitze ist nicht mehr verfügbar, hingegen wird weiterhin zwischen Boden- und Wolkenblitzen unterschieden.

Details zu den Bodenmessdaten
Die 12 verfügbaren Messparameter werden in vier Diagrammen zusammgefasst:
Diagramm „TEMP“: Temperatur 2m, Temperatur 5cm, Taupunkt (alle in Grad C.) und Feuchte (%).
Diagramm „WIND“: Böenspitze (km/h), Windstärke (km/h), Windrichtung
Diagramm „RELD“: Niederschlag (mm/10 min), Niederschlag aufsummiert (mm), Luftdruck (hPa, reduziert auf Meereshöhe)
Diagramm „GSSD“: Globalstrahlung (Watt/m2), Sonnenscheindauer (min)

Um die Diagramme zu sehen, muss im Zoomradar rechts unten der Button „Boden an“ betätigt werden. Mit dem links angrenzenden Button kann ein Messparameter ausgewählt werden, danach wird beim Überfahren der Stationsfelder in der Karte das passende Diagramm angezeigt.

In der Grafik oben rechts (aufs Bild klicken, um die vergrösserte Version zu sehen) ist als Beispiel das Temperatur/Feuchte-Diagramm der Neujahrsnacht in Delémont eingefügt. Diese Station misst auch die Temperatur auf 5 cm Höhe (grüne Kurve, auch „Grastemperatur“ genannt). Bei klaren Nächten kühlt der Boden infolge Abstrahlung aus, am Boden ist es dann ca. vier Grad kälter als in 2m Höhe. Dies ändert sich bei Bildung von Bodennebel, welche in diesem Beispiel ca. frühmorgens um 02.30 Uhr einsetzt. Die Abstrahlung wird unterbunden, und die Grastemperatur wird auf das Niveau der 2m Temperatur angehoben. Der Effekt wäre auch bei Aufkommen von höher gelegenen Wolkenschichten ähnlich. Somit ist die Grastemperatur, resp. die Differenz zur Temperatur in 2m Höhe, während der Nacht ein indirekter Hinweis auf das Vorhandensein von Wolken oder Nebel. Leider ist die Grastemperatur nicht an allen Messstationen verfügbar.

Details zu den neuen Blitzmessdaten
Wir werden später noch ausführlicher auf unseren neuen Anbieter der Blitzdaten zurückkommen. Der Anbieterwechsel bedeutet den Verzicht auf die Messhöhe der Wolkenblitze. Hingegen kann weiterhin zwischen Boden- und Wolkenblitzen unterschieden werden. Alle anderen Messparameter bleiben gleich. Wir haben vor ca. einem Jahr unsere Kunden angefragt, ob die Messhöhe der Wolkenblitze für sie eine relevante Information ist oder nicht. Die Reaktionen waren einhellig: die Messhöhe der Wolkenblitze wird zwar als hübsche, nicht aber wirklich aussagekräftige Zusatzinformation wahrgenommen. Dies entspricht unserer eigener Erfahrung. Entscheidend z.B. für Warnzwecke ist die Zahl der Wolkenblitze. Eine grosse Häufung von Wolkenblitzen kann auf die baldige Intensivierung einer Gewitterzelle hinweisen. Die zeitliche Entwicklung einer solchen Zelle ist aber im 3D-Radarprofil ebensogut, wenn nicht besser als im Profil der Wolkenblitze zu erkennen. Zudem sind Zweifel an der Präzision der registrierten Messhöhe eines Wolkenblitzes angebracht. Aufgrund dieser Überlegungen werden in Zukunft die Wolkenblitze in den Seitenrissen des 3D-Radars auf einer fixen Höhe, 8 km, wiedergegeben. Dadurch wird das Radarprofil nicht mehr wie bis anhin durch die Blitzwolke überdeckt, bleibt also, auch bei sehr blitzaktiven Gewittern, gut sicht- und interpretierbar.

Der Zoomradar/3D-Radar ist kostenpflichtig und kann in mehreren Versionen bezogen werden
(als Einzelprodukt, Kombiprodukt, mit oder ohne Archivzugang).
Zoomradar/3D-Radar 14 Tage testen oder kaufen

 

 

Sturmvorschau 13.-17.12.2019

Zugegeben: Es gab schon heftigere Stürme als das, was uns in den nächsten Tagen bevorsteht. Da aber verschiedene Kanäle bereits vor einigen Tagen einen ganz grossen Sturm angekündigt hatten und die Wetterlage an sich sehr interessant ist, melden wir uns an dieser Stelle mal wieder mit einigen Details. Inzwischen ist sie ja schon fast zu einer Singularität geworden, diese sehr windige und milde Westwindphase Mitte Dezember nach den ersten frostigen Tagen zu Monatsbeginn, wenngleich diese heuer etwas gar lusch ausgefallen sind. Aber daran müssen wir uns wohl gewöhnen, dass der Dezember immer mehr vom Winter- zum Herbstmonat wird. Oder gar Frühlingsmonat? Zumindest die Aussichten könnten dazu verführen, in diese Richtung zu denken. Wer in diesen Tagen aufmerksamen Auges durch die Natur streift, wird die ersten blühbereiten Haselsträucher und das eine oder andere vorwitzige Weidekätzchen erspähen können.

Der Blick auf die Titelkarte, die sich mit einem Klick vergrössern lässt, zeigt die Verteilung der Windströmungen in rund 5500 m Höhe über dem Atlantik und Europa. Eine sehr gesunde Westwindströmung über dem Atlantik stösst sich die Hörner an einem blockierenden Hoch über Osteuropa ab. Am Samstag wird die Westströmung über den Alpen in zwei Teile zerrissen: Ein Teil zweigt scharf nach Norden ab (winkelförmige Westlage), der andere Teil wird nach Südosten umgelenkt und erzeugt über dem Mittelmeer ein Cut-Off-Tief. Bereits hier ist zu erkennen, dass es auf dem Nordatlantik ebenfalls auszutrogen beginnt: Der Jetstream beginnt zu schlingern, bricht als Trog vor den Westküsten Europas zu Wochenbeginn tief nach Süden aus und kommt in der Folge als Südströmung über den Alpen zurück – die nächste Südföhnlage ist geboren.

Nur der Vollständigkeit halber soll hier erwähnt werden, dass eine Föhnphase jetzt in der Nacht auf Freitag beginnt und am Freitagvormittag den ersten Höhepunkt erreicht, dabei werden wohl in den klassischen Föhntälern Böen um 100 km/h, vereinzelt vielleicht auch etwas höher, erreicht. Das ist wahrlich nichts, was die föhnerprobten Urner und Rheintaler aus der Ruhe bringt, da hatten wir in den letzten Wochen schon ganz andere Kaliber.

Bereits am Freitagnachmittag dreht der Höhenwind auf West bis Nordwest und es setzt eine kurze Nordföhnphase im Tessin ein, während die ersten stürmischen Böen ins Flachland der Alpennordseite durchgreifen. Zu dieser Zeit befindet sich auch die kälteste Höhenluft über der Schweiz, mit -32 Grad in 500 hPa und -3 Grad in 850 hPa würde es nicht erstaunen, wenn nebst kräftigen Schneeregen- und Graupelschauern auch mal Blitz und Donner mit von der Partie sind. Die Isobarendrängung nimmt in der Nacht auf Samstag noch weiter zu, sodass der Wind weiter zulegt und am Samstagmorgen in den Höhepunkt der Sturmphase münden wird:

Die exakte Anströmung aus West sowie die immer noch vorhandene Labilität durch die Höhenkaltluft lässt besonders am Hochrhein gute Durchmischung und Kanalisierung erwarten, Böen um 100 km/h sind also hier auch in den tiefsten Lagen möglich, während es in ebendiesen im Mittelland wohl bei etwa 80-90 km/h bleiben wird. Auf den Jura- und Voralpengipfeln ist von Samstagmorgen bis Samstagabend mit Spitzen von ungefähr 150 km/h aus ziemlich genau Richtung West zu rechnen. Somit darf man diesen Sturm in die Kategorie „kommt alle Jahre 2-3 mal vor“ einordnen.

Bereits Samstagmittag zieht aus Westen deutlich wärmere Luft auf, der Warmfrontregen stabilisiert und somit nimmt auch die Böigkeit in den tiefen Lagen ab, es bleibt aber nach wie vor sehr windig. Am Samstagabend dreht der Wind auf Südwest und die Schneefallgrenze steigt  von Westen her auf 1500-1800 Meter, während es in den östlichen Alpentälern gleichzeitig noch bis in die Täler schneien kann.

Im Lauf des Sonntags wird die Kaltluft auch in den östlichen Alpentälern ausgeräumt, denn es kommt wieder Südföhn auf. Die aktive Wetterfront wird nach Norden abgedrängt, sodass es nur noch in der Nordwestschweiz gelegentlich leicht regnet. Je mehr man sich den Alpen nähert, umso häufiger kommt man in den Genuss von sonnigen Phasen. Der Südwestwind bläst im Mittelland weiterhin zügig, stürmisch ist es allerdings nur noch in erhöhten Lagen. Und die Temperaturen? Ja, die werden vielerorts bereits wieder zweistellig…

Der Montag zeigt sich von der eher ruhigen Seite. Der Wind lässt deutlich nach, sodass es in den Niederungen etwas kühler wird. Wahrscheinlich wird es aber so viel hohe Bewölkung haben, dass die Grundschicht nicht völlig auskühlt, die Nächte auf Montag und Dienstag also weitgehend frostfrei bleiben. Etwas Nebel dürfte sich im Mittelland wohl bilden, sich aber im Tagesverlauf jeweils auflösen. In der Nacht auf Dienstag legt dann der Föhn wieder richtig los:

Dabei wird eine Luftmasse herbeigeführt, die wir im Sommer gerade als angenehm empfinden würden, die Nullgradgrenze steigt auf über 3000 Meter an. Die Höchstwerte am Dienstag dürften in den klassischen Föhntälern bei etwa 18 Grad liegen. Dabei werden erneut Böen um die 100 km/h erreicht, an den exponierten Stellen wohl etwas darüber. Diese Föhnphase soll je nach Modell bis gegen Ende der Woche anhalten, sich aufgrund einer antizyklonaleren Konstellation aber etwas abschwächen. Deutlich zu warm für die Jahreszeit bleibt es aber wohl noch länger, hier Niederschlagswahrscheinlichkeit und Nullgradgrenze in den Ensembles des amerikanischen Modells:

Das mit dem Beschneien der Skipisten fürs Weihnachtsgeschäft dürfte also etwas schwierig werden, aber wie die Unsicherheit hinten raus zeigt, ist exakt zu Weihnachten durchaus noch eine Überraschung möglich – allein, mir fehlt der Glaube.

Der Downburst über Birsfelden am 26.7.2019

Webcambild St. Chrischona

Niederschlagsvorhang der Gewitterzelle über Wyhlen, Aufnahme um ca. 20.20 Uhr der Webcam auf dem St. Chrischona, Blick Richtung Süden. Quelle: Swisscom.

Am Abend des 26.7.2019 führten Sturmböen eines starken Gewitters zu erheblichen Schäden in Birsfelden, Muttenz und Münchenstein. Bei der lokalen Polizei wurden knapp 200 Schadenmeldungen registriert. Der grösste Einzelschaden entstand durch das Kippen eines Hafenkrans in Birsfelden. Eine Dokumentation mit Bildern des Schadenereignisses findet sich im Schweizer Sturmarchiv. In diesem Beitrag wird mit Hilfe der Radarbilder und Bodenwindmessungen die Gewitterentwicklung beschrieben, welche schliesslich zur Bildung eines Downbursts führte. Dieser entstand gegen 21 Uhr über Riehen und entlud sich südwärts in Richtung der drei betroffenen Gemeinden. Die Radarsignatur des Downbursts passt sehr gut zu den Windmessungen im Bereich und der nahen Umgebung des Downbursts.

Infos zu Downbursts
Der 26.7.2019 war einer der heissesten Tage des vergangenen Sommers. Die Temperaturen stiegen da und dort nochmals auf über 35 Grad. Eine Tiefdruckrinne im Westen steuerte aber zunehmend feuchte Luftmassen Richtung Zentraleuropa. Dadurch erhöhte sich die Gewitterneigung deutlich. Im Wetterblog von Fabienne Muriset wurde auf ein hohes Sturmpotenzial durch lokale Downbursts hingewiesen. Entscheidend für die Entwicklung von Downbursts sind Einschübe von trockenen Luftmassen in Gewitterwolken. Durch die Verdampfung des Niederschlages, resp. das Schmelzen von Hagelkörnern wird der Luft Wärme entzogen, die Luft wird schwerer und beginnt mit dem Niederschlag Richtung Boden zu fallen. Der Luftstrom kann senkrecht oder schräg gerichtet sein. Am Boden kommt es zu einer Umlenkung, und die Luft breitet sich fächerförmig aus. Je nach Stärke des Luftstromes können dann am Boden lokale, teils schwere Sturmböen auftreten.

Im Gegensatz zu den Tornados sind kurzlebige, «normale» Gewitterzellen häufige Auslöser von Downbursts. Erst in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die Downbursts von Fujita, einem Gewitterforscher an der Universität von Chicago, als eigenständige Wettererscheinung erkannt und beschrieben. Die treibende Motivation für diese Forschungsarbeit war eine Serie von Unfällen, bei welchen Flugzeuge durch die Abwinde von Downbursts auf dem Boden zerschellten. Die spannende Geschichte der Entdeckung der Downbursts kann in einem Artikel von Wilson und Wakimoto (2001) nachgelesen werden.

Vorgeschichte
Ab Mitte Nachmittag des 26.7.2019 bildeten sich, bei flacher Druckverteilung und schwachen Höhenwinden, erste Gewitter im Berner Oberland und ab ca. 18 Uhr im Jura. Diese Regionen wurden am stärksten von den Gewittern getroffen, lokal gab es bis 100 mm Niederschlag. In der Region Basel blieben die Regensummen unter 40 mm. In der Ost- und Nordschweiz östlich von Basel gewitterte es deutlich weniger, vielerorts blieb es auch komplett trocken, siehe die untenstehende Regensummenkarte des Tages. Die Region um Basel befand sich anscheinend im Grenzbereich zwischen feuchten Luftmassen im Südwesten und etwas trockeneren Luftmassen im Osten. Dieser Cocktail kann für die Entwicklung von Downbursts durchus günstige Voraussetzungen bereitstellen.

Tagessumme des Niederschlags am 26.7.2019. Quelle: www.meteoradar.ch/regenkarten

Ab 20 Uhr zog eine kompakte Gewitterzelle von Rheinfelden langsam westwärts Richtung Basel. Das um 20.20 Uhr aufgenommene Webcambild der Niederschlagskaskade (siehe rechts oben) zeigt Anzeichen einer Verwirbelung in Bodennähe an der Frontseite des Niederschlagsvorhanges. Bereits zu diesem Zeitpunkt könnte ein Vorläufer-Downburst den Boden erreicht haben. Zwanzig Minuten später wurde im Radarbild ein Neuanbau über Riehen, knapp nördlich der bestehenden Zelle sichtbar, welche sich zu diesem Zeitpunkt ziemlich exakt über Birsfelden befand. Dieses neue Zentrum blieb während der folgenden 10 Minuten über Riehen ortsfest und bewegte sich danach etwas nordwärts, bevor es sich auflöste und vom Radarbild verschwand. Das 3D-Radarbild um 20.45 Uhr (siehe nächste Abbildung) zeigt, nebst der Niederschlagskarte, zwei Seitenprojektionen, welche den Höhenbereich 0 – 18 km und damit Höhenrisse durch die projizierten Gewitterzellen wiedergeben. Nur die Seitenprojektion in W-E Richtung am rechten Bildrand ist auswertbar, da die Seitenprojektion der Basler Zelle in S-N Richtung durch eine starke Gewitterzelle über der Po-Ebene gestört wird. Im Seitenriss rechts ist die rot-rosa Starkregen- und Hagelsäule über Riehen bei y-Koordinate 270, markiert durch eine graue horizontale Linie, gut erkennbar.

Radarbild um 20.45 Uhr mit Seitenrissen rechts und oben. Für Details siehe Text. Quelle: meteoradar.ch, , Datenquelle: Meteoschweiz

Ausschnitte aus den Seitenrissen rechts der 3D-Radarbilder im Zeitbereich 20.45 –
21.00 Uhr. Die pink-rote Säule in der jeweiligen Bildmitte (bei y-Koordinate 270) zeigt die
Niederschlagskaskade der höchsten Intensitätsstufe des Gewitterzentrums über Riehen. Der
schwarze Strich markiert die maximale Höhe dieser Niederschlagssäule. Diese Höhe sinkt
innert 5 Minuten (von 20.50 bis 20.55 Uhr) von 9 auf 5 km, und nochmals 5 Minuten später
auf 3 km Höhe. Quelle: meteoradar gmbh, Datenquelle: Meteoschweiz

Bildung des Downbursts
In der Abb. oben wird ein Ausschnitt aus den West-Ost Projektionen der Riehener Zelle von 20.45 bis 21.00 Uhr wiedergegeben. Zur besseren Darstellung sind die Bildausschnitte um 90 Grad gedreht. Die maximale Höhe der pink-roten Säule (die Starkniederschlagsszone über 100 mm/h, evtl. auch begleitet von Hagel) ist mit einer schwarzen horizontalen Linie markiert. Diese Höhe sinkt ab 20.50 Uhr von zunächst 9 auf 5 km Höhe (5 Minuten später) und auf 3 km Höhe nochmals 5 Minuten später. Anscheinend kollabiert die Zelle um 20.50 Uhr, der Aufwind, welcher den Niederschlag in der Höhe hält, bricht zusammen und macht einem Abwind Platz, welcher als Quelle eines Downbursts angesehen werden kann. Die Verdampfung des Niederschlages in einem Einschub von trockener Luft gilt in der Regel als der entscheidende Prozess, welcher das betroffene Luftpaket in Bodenrichtung beschleunigt. Aus diesem Grund gehen wir davon aus, dass sich die Quelle des mutmasslichen Downbursts im Bereich oder in der Nähe des Niederschlagsmaximums befindet. Das wäre dann ebenfalls die Region über der Ortschaft Riehen.

Der Standort Riehen befindet sich im Norden der drei von den Sturmschäden betroffenen Gemeinden Muttenz, Birsfelden und Münchenstein. Damit kann das folgende Szenario formuliert werden, welches erklärt, wie es zu den Sturmschäden in den drei Gemeinden kam, vgl. hierzu untenstehende Abbildung.

Schematische Darstellung des mutmasslichen Downbursts. Quelle Kartenhintergrund: Swisstopo

Der Downburst bewegte sich auf einer schräg nach Süden gerichteten Achse in Richtung Boden und breitete sich danach in Richtung Süden aus. Das Schadengebiet umfasst etwa eine Fläche von 6×3 km. Es gibt mehrere Faktoren, welche dieses Szenario unterstützen. Der wichtigste Faktor stammt von der Windmessung des Kraftwerks Birsfelden, welche in der folgenden Abbildung wiedergegeben ist. Diese Grafik zeigt eine kurzlebige Windspitze von 85 km/h um ca. 20.50 Uhr. Die Windrichtung zu diesem Zeitpunkt ist aus Nordosten. Sowohl der Zeitpunkt der Windspitze wie auch die Windrichtung passen perfekt zum beschriebenen Szenario, siehe obenstehende Abbildung. In dieser Abbildung sind drei weitere Windmessungen eingetragen. Die stärkste Windböe (113 km/h, Quelle: Sturmarchiv) stammt vom Standort Basel St. Jakob-Park. Allerdings sind weder der Zeitpunkt dieser Messung noch die gemessene Windrichtung bekannt. Von der Meteoschweiz sind weitere Windmessungen an den Standorten Basel-Binningen und St. Chrischona-Turm verfügbar. Die dort gemessenen Böenspitzen sind geringer, aber die Windrichtungen bestätigen ein Auseinanderfliessen («divergente» Strömung) der Luftmasse zwischen den beiden Stationen, vgl. die Windvektoren in der obenstehenden Abbildung, gültig für den Zeitpunkt 20.55 Uhr.

Registrierung von meteorologischen Messdaten beim Kraftwerk Birsfelden. Zur
Bestimmung der Winddaten zum Zeitpunkt des Downbursts wurden einige Hilfslinien
eingezeichnet. Um 20.50 Uhr wird eine kräftige, kurzzeitige Böenspitze von 85 km/h
registriert. Die Windrichtung (mit einem roten Kreis markiert) ist zu diesem Zeitpunkt aus
Nordosten. Die Verläufe der Temperatur, des Luftdruckes und des Niederschlages reagieren
ebenfalls mit heftigen Ausschlägen zum gleichen Zeitpunkt.
Quelle: sturmarchiv.ch, Datenquelle: meteo.srf.ch

Windspitzen im Bereich des Downbursts
Es stellt sich die Frage, in welchem Bereich die maximalen Sturmböen des Downbursts einzuordnen sind. Die beiden Windmessungen im Schadenbereich geben nur eine sehr unvollständige Antwort. Die Böenspitzen variieren bei solch lokalen Sturmereignissen bereits auf einer Skala von 10 – 100 m. Die Schäden selbst geben mehr Aufschluss über die Sturmstärke, allerdings nur mit Hilfe von Erfahrungswerten, welche zur Definition von Schadenskalen geführt haben. Die bekannteste Skala ist die Fujita-Skala, welche im Jahr 2007 zur sog. „EF-Skala“ („enhanced Fujita-Skala“) modifiziert wurde. Aufgrund der Schadenbilder im Sturmarchiv gehen wir davon aus, dass mittelgrosse Bäume entwurzelt oder gebrochen sind. Damit liesse sich das Ereignis als EF1, vielleicht sogar als EF2 klassieren. Allerdings fehlen, nebst den gefallenen Bäumen, weitere Hinweise, welche die Stärke EF2 unterstützen. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Spitzenböen im Bereich des Downbursts Geschwindigkeiten von ca. 150 km/h erreicht haben. Diese Werte sind wohl da und dort, aber nicht überall im Bereich des Downbursts aufgetreten. Höhere Spitzenwerte als 150 km/h (bis Stufe EF2 oder 200 km/h) würden wir nicht ausschliessen, aber von einer geringen Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens ausgehen. Diese Aussage liesse sich mit einer gründlicheren Auswertung der zahlreichen Schadenmeldungen weiter präzisieren. Hingegen kann der Kranschaden aus unserer Sicht nicht dazu verwendet werden, die Sturmstärke abzuschätzen, da es sich um ein unübliches Bauwerk handelt, für welches kaum genügend zahlreiche Schadenbeobachtungen aufgrund von Sturmböen vorliegen.

Druckminimum vor Eintreffen der Sturmböen
Zum Schluss dieses Blogs wenden wir uns nochmals der obenstehenden Messgrafik beim Kraftwerk Birsfelden zu. Nebst den Windböen und der Windrichtung sind auch die weiteren Ausschläge der Messkurven zum Zeitpunkt des mutmasslichen Downbursts bemerkenswert. In kurzer Zeit fielen etwas über 20 mm Niederschlag, und die Temperatur sank um 10 Grad. Sehr spannend ist der Druckverlauf. Ein kurzzeitiger Abfall des Luftdrucks um 6 hPa führt, vor Eintreffen der Sturmböen, zu einem Druckminimum, einer Art „Luftloch“. Wodurch wurde dieses Luftloch generiert? Wir haben eine einzige Publikation gefunden, in welcher ein mindestens qualitativ vergleichbarer Druckverlauf bei der Passage eines Downbursts gezeigt wird (Mahale und Zhang, 2016, siehe Figur 3a). In jener Studie wurde ca. 15 min vor Eintreffen der Downburst-Böen ebenfalls ein Druckminimum beobachtet. Der Druckabfall war mit 2 hPa deutlich weniger ausgeprägt als in unserem Fall. Nichtsdestotrotz könnte die bei Mahale und Zhang gegebene Interpretation des Druckminimums auch in unserem Fall zutreffen: „It is speculated that the pressure decrease ahead of the gust front was dynamically induced by converging and rising air along the leading edge of the gust front.“ Dies würde bedeuten, dass eine Aufwindzone, eine Art „Staubsauger“ über dem Standort der Druckmessung, den Druckabfall am Boden ausgelöst hat. Diese Annahme lässt sich nicht weiter verifizieren. Wir sehen sie jedoch trotzdem als plausibel an, vor allem deshalb, weil uns eine alternative Erklärung fehlt.

Wie häufig sind Downbursts?
Downbursts in der Schweiz sind keine seltenen Ereignisse. Auf jeden Fall sind sie markant häufiger als Tornados. Im Sturmarchiv sind über die letzten Jahre ca. 5 – 10 Downbursts pro Jahr dokumentiert. Aus dieser Angabe lässt sich mit einer Überschlagsrechnung die Wiederkehrperiode von Downbursts an einem festen Standort abschätzen. Für diese Milchbüechlirechnung müssen weitere Annahmen getroffen werden:
– Pro Jahr wird mit 10 Ereignissen gerechnet, unter der Annahme, dass nicht alle Ereignisse im Sturmarchiv erfasst sind.
– die unbewohnten Bergregionen werden ausgeblendet, ohne diese rechnen wir mit einer „bevölkerten Flachlandfläche“ von ca. 20’000 Quadratkilometer.
– Alle Downbursts haben eine „einheitliche“ Schadenfläche von 20 Quadratkilometern.
Mit diesen Annahmen dauert es 100 Jahre, bis die aufsummierte Schadenfläche der definierten Flachlandfläche entspricht. Die 100 Jahre können also als mittlere Wiederkehrperiode angesehen werden. Selbstverständlich gibt es markante lokale statistische Abweichungen. Wenn man ein statistisches Verteilmodell der Downburstflächen zugrundelegt, dann muss man über viele Jahrhunderte aufsummieren, bis sich die statistischen Zufallsschwankungen der Wiederkehrperiode ausgleichen. Es kommt dazu, dass sich die Wiederkehrperiode regional ändert, je nachdem, ob Gewitter mit Downburst-Potenzial häufiger oder weniger häufig sind. Und die Schadenfläche der Downbursts variiert selbstverständlich ebenfalls, wir wissen nicht, ob die angenommene mittlere Schadenfläche von 20 Quadratkilometern zutrifft oder nicht.

Gemäss den Klimaszenarien für die Zukunft wäre mit einer Zunahme von Schadenereignissen durch Downbursts in der Schweiz zu rechnen. Da sich die Polregionen stärker erwärmen als die Tropen, dürfte sich in Zukunft der Jetstream in mittleren Breiten abschwächen. Der 26.7.2019 war ein typischer Gewittertag, wie er in Zukunft öfters auftreten kann: begleitet von schwachen Höhenwinden (schwacher oder nicht existierender Jetstream) in einer Umgebung, in welcher die Luftfeuchtigkeit vielerorts, aber nicht überall für die Gewitterbildung ausreicht. Demgegenüber scheinen Gewittertage mit starken Höhenwinden (starker Jetstream) – ideal für die Bildung von Superzellen mit langen Hagelzügen und gelegentlichen Tornados – seltener zu werden. Dies war jedenfalls auch mein persönlicher Eindruck der letzten Jahre. Somit dürfte es sich lohnen, dem Phänomen der Downbursts in der Schweiz mehr Beachtung zu schenken.

Dieser Blog entstand aus einem internen Bericht zu Handen eines Kunden von meteoradar. Wir danken den Betreibern des Sturmarchivs für ihre langjährige, hartnäckige und sorgfältige Erhebung der meteorologischen Schadenereignisse in der Schweiz.

Neue Wetter-Webcams mit Nachtsicht bei meteoradar

Webcam-Blick im Dämmerlicht nach Sonnenuntergang, Aeugst, Panoramabild Richtung Süden

Wetter-Webcams gibt es wie Sand am Meer. In der Schweiz allein findet man mehrere hundert, wenn nicht über tausend Standorte, an welchen das lokale Wetter anhand eines Webcam-Bildes oder eines Zeitraffer-Filmes beurteilt werden kann. Bei den allermeisten Kameras gibt es jedoch Einschränkungen. Je nach Sonnenstand wird ein Teil des Bildes vom Sonnenlicht überstrahlt und erscheint weiss. Und in der Nacht sieht man kein vernünftiges Bild, sondern nur schwarz oder Rauschen. Aber die Bildqualität von modernen Webcams hat dank Verbesserungen der Bildsensoren und Software deutliche Fortschritte erzielt. Somit stellt sich folgende Frage: gibt es die universelle, kostengünstige Wetter-Webcam, welche
1. auch in der Nacht ein gutes Wolkenbild liefert?
2. in der Lage ist, die Überstrahlung durch das Sonnenlicht effektiv zu korrigieren?

Nach dem Defekt einer alten Kamera haben wir uns entschlossen, die Webcams in Stallikon und Aeugst zu ersetzen. Unsere Wahl fiel dabei auf die 180 Grad Panorama Cam von Milesight. Der Werbeprospekt des Modells verspricht einiges, unter anderem:
– eine gute Pixel-Auflösung (2560×1440 Pixel)
– ein verzerrungs-korrigiertes Bild
– eine Korrektur der Überstrahlung durch helle Lichtquellen
– eine hohe Empfindlichkeit bei Nachtaufnahmen
Nach der Installation wurde schnell klar, dass die beiden letztgenannten Eigenschaften – die Überstrahlungs-Korrektur und der Nachtbildmodus – die Bildqualität gegenüber den Vorgängermodellen markant verbessern. In dieser Rezension konzentrieren wir uns auf diese beiden Eigenschaften.

Überstrahlungs-Korrektur
Webcams haben in der Regel Mühe, die Details der hellsten und dunkelsten Bildstellen wiederzugeben. Zur Verbesserung der Wiedergabe stehen u.a. Techniken zur Verfügung, welche mit den Abkürzungen BLC, HLC und WDR bezeichnet werden. Wir verweisen auf die Google-Suche für eine Beschreibung dieser Techniken. Alle drei Verfahren können in der neuen Kamera konfiguriert werden. Interessant ist vor allem der Modus HLC, welcher die durch die Sonne überstrahlten Bereiche dunkler macht und so die Wolkenstrukturen in der Nachbarschaft der Sonne sichtbar machen kann. Dieser Modus bietet zwei Optionen: „General“ und „Enhanced“ sowie einen Schiebebalken. Für die Korrektur des Sonnenlichts empfehlen sich die Einstellungen „General“ und „0“ (Position ganz links) des Schiebebalkens. Wir zeigen einen Vergleich der drei Modi anhand von Bildern der Webcam Sellenbüren:

Webcam-Bild, mit dem Modus WDR generiert. Der weisse Flärren um die Sonne ist sehr gross. Die Helligkeitsabstufumg der Landschaft ist ausgewogen.

Webcam-Bild, mit dem Modus BLC generiert. Der weisse Flärren um die Sonne ist kleiner als beim Modus WDR. Aber die Landschaft ist zu dunkel.

Webcam-Bild, mit dem Modus HLC generiert. Der weisse Flärren um die Sonne ist nochmals markant kleiner geworden. Im Nachbarbereich der Sonne sind Strukturen sichtbar, welche in den oberen zwei Bildern überstrahlt werden. Die Helligkeitsabstufumg der Landschaft ist ähnlich ausgewogen wie beim Modus WDR. Das Bild wirkt etwas gelblich.

Insgesamt überzeugt der Modus HLC am meisten, was die Ausgewogenheit der Helligkeitsabstufung und die Darstellung der Feinstrukturen im Nachbarbereich der Sonne angeht. Auf der Negativseite steht eine manchmal etwas unnatürliche Veränderung des Farbspektrums, welche mehr oder weniger grosse Bildteile erfassen kann. Bei sehr niederem Sonnenstand kann ein gelblicher Farbstich auftreten, und bei höherem Sonnenstand kann die Farbgebung in Sonnennähe ins Gräuliche mutieren. Der am Wetter interessierte Betrachter wird sich an diesen Effekten kaum gross stören.

Nachtbild
Sobald die Lichtstärke einen gewissen Schwellenwert unterschreitet, wechselt der Bildmodus automatisch auf ein Graustufenbild. Bei Tagesanbruch wird wieder auf ein Farbbild umgestellt. Leider lässt sich der massgebende Schwellenwert für die Umstellung nicht einstellen, obwohl diese Option im Handbuch dokumentiert ist. Wir haben wiederum getestet, welcher der drei Bildmodi (BLC, HLC und WDR) das bestmögliche Nachtbild liefert und haben eine klare Antwort gefunden: es ist der Modus BLC, verwendet mit der Einstellung „Minimum Shutter = 1“ im Menu „Image –> Day/Night Mode“. Mit dieser Einstellung wird die maximale Belichtungszeit auf eine Sekunde eingestellt. Die beiden anderen Modi kann man vergessen, entweder ist das Bild verrauscht oder zu dunkel.

Nachtbild der Webcam Sellenbüren, erstellt mit dem Modus BLC.

Die Bildqualität des so konfigurierten Nachtbildes ist erstaunlich stabil. Auch wenn das Mondlicht fehlt, ist kaum ein Abfall der Bildqualität auszumachen. Der folgende Zeitraffervideo zeigt die nächtliche Bildung von Bodennebel, die Umstellung von Graustufen zu Farbbildern in der Morgendämmerung und die Auflösung des Nebels am Vormittag.

Installation
Die Kamera wird via PoE mit einem Router verbunden und so ins lokale Netzwerk eingebettet. Die Montage ist einfach, die Ausrichtung mit einem wenig griffigen schwarzen Drehring etwas knifflig. Wenn man diesen Ring zudreht, bewegt sich die Kamera mit, es braucht also beide Hände und etwas Fummelarbeit, auch Kontrollblicke auf das Webcam-Bild, um die gewünschte Position der Kamera zu fixieren. Am besten stellt man die Kamera so ein, dass der imaginäre Horizont auf Standorthöhe in der Bildmitte liegt. Dann erscheint er auf dem Bild gerade. Ist die Kamera schräg nach oben oder nach unten gerichtet, dann wird der imaginäre Horizont gekrümmt, was bei einem Bildwinkel von 180 Grad nicht weiter erstaunt.

Zeitrafferfilme
Ein Kleincomputer (Raspberry Pi) greift sich das Webcambild alle 10 Sekunden und erstellt aus der Bildsequenz Zeitrafferfilme, welche online auf der Webseite https://www.meteoradar.ch/webcam
angeschaut werden können. Bis anhin wurde die Anzeige des Webcambildes und der Filme eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang aktiviert. Die aktive Aufnahmeperiode der Webcam Sellenbüren (Panorama-Modus) wurde nun auf 22 Stunden pro Tag verlängert: von 01 Uhr morgens bis 23 Uhr abends, so dass der grösste Teil der Nacht auf den Bildern und den Zeitrafferfilmen eingesehen werden kann.

Fazit
Unsere Erwartungen an die neue Webcam werden deutlich übertroffen. Die Nachtbilder und Filme geben praxisrelevante meteorologische Zusatzinformationen zur Bewölkung und zur Nebelbildung. Tagsüber kann die Bewölkung auch in Sonnenähe praktisch ungestört verfolgt werden. Damit mausert sich der Gerätetyp zu einer universellen, Tag und Nacht aktiven Beobachtungsstation des Lokalwetters. Die Möglichkeiten zur automatisierten Bildverarbeitung (z.B. Nebelerkennung) eröffnen interessante Perspektiven für die Zukunft.