Sturmvorschau 30.01.-05.02.2016

Höhenwind in rund 5500 m in der Nacht auf Montag

Höhenwind in rund 5500 m in der Nacht auf Montag

Nach einer ruhigen, hochdruckbestimmten Woche gerät der Alpenraum nun wieder vermehrt ins Zentrum der europäischen Wetterküche. In den letzten Tagen verlief die Frontalzone recht glatt von West nach Ost weit nördlich der Schweiz und schwache Störungen konnten nur mit viel Mühe ihren letzten Lebenshauch bei uns hinterlassen. Nun beginnt der Jetstream wieder etwas stärker zu mäandrieren und schlägt am Wochenende einen Bogen, um aus Nordwest auf die Alpen zu treffen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine klassische Nordwestlage mit Zufuhr polarer Luftmassen, sondern karibische Luft (per se warm-feucht) wird in einem nördlich verlaufenden Bogen um das sich nach Osten verlagernde Azorenhoch herumgeführt. Sie bestimmt ab Sonntag in Form einer Warmfront unser Wetter, danach gewinnt der Hochdruckeinfluss im Warmsektor die Oberhand. Erst zum Donnerstag nimmt der Winter einen neuen Anlauf, ob er damit den ultimativen Weitsprung schafft, darf aber aus heutiger Sicht noch bezweifelt werden.

Die schwache Kaltfront von letzter Nacht zieht nach Osten ab, auf deren Rückseite trocknet der Hochdruckeinfluss die Luft ab und erwärmt sie gleich wieder. Bis Samstagmittag bleibt es damit ruhig, trocken und mild. Am Samstagabend erreicht uns ein zum Sturmtief über der Nordsee gehöriger Kurzwellentrog mit seiner Kaltfront. Dabei nimmt nicht nur der Höhenwind markant zu, auch in Bodennähe sorgt der sich verschärfende Druckgradient für eine deutliche Verstärkung des Südwestwindes. Mit Eintreffen der Kaltfront am späten Samstagabend können Böen von 60 bis 80 km/h in exponierten Lagen auch ins Flachland durchgreifen, am stärksten betroffen ist die Nordschweiz und der Jura:

20160129-blog2In der Nacht schleift die Kaltfront der Alpennordseite entlang, der Bodenwind bleibt auf West bis Südwest, während der Höhenwind allmählich auf Nordwest dreht. Dabei sinkt die Schneefallgrenze im Jura und im Alpstein gegen 1000 m, in den Alpen bleibt sie teils deutlich höher, da die bodennahe Kaltluft nicht in die Alpentäler vordringen kann:

20160129-blog3Auf der Karte erkennt man deutlich die Luftmassengrenze, welche die Alpen nicht zu überqueren vermag. Das schleifende Frontensystem verlagert sich rasch nach Osten, womit bereits am Sonntagvormittag der warmaktive Teil der Front auf die Schweiz übergreift. Während es in den Alpentälern der Ostschweiz dank Niederschlagsabkühlung noch länger bis in tiefere Lagen (etwa 800 m, lokal vielleicht vorübergehend auch tiefer) schneit, steigt die Schneefallgrenze von Westen her im Lauf des Sonntags bis auf etwa 2000 m. Dabei regnet es vor allem im Weststau der Alpen und des Juras intensiv, dort steigt auch die Schneefallgrenze am schnellsten und am höchsten. Vom nordwestlichen Höhenwind profitiert erstmals in diesem Winter auch Mittelbünden und das Engadin, der Niederschlag der Warmfront wird dadurch ein Stück weit über den Alpenhauptkamm getragen. Unterhalb von 3000 m bleibt der Wind allerdings auf West bis Südwest und verstärkt sich am Sonntagabend noch mal:

20160129-blog4Unter der stabilen Schichtung der Warmfront und mit intensivem Niederschlag wird sich diese zweite Windspitze weitgehend auf die höheren Lagen beschränken, bis zum Boden setzt sich davon kaum etwas durch. Am Montagmorgen mit nachlassendem Niederschlag können sich dann noch mal ein paar ruppige Böen in den Niederungen bemerkbar machen, im Lauf des Montags schwächt sich dann der Wind in allen Höhenlagen allmählich ab.

Ein etwas genauerer Blick lohnt sich auf die Niederschlagsmengen zu werfen, die in 36 Stunden von Samstagabend bis Montagmorgen fallen sollen:

20160129-blog5Das gezeigte GFS-Modell ist dabei am progressivsten, andere Modelle sind da etwas zurückhaltender (lokale Spitzen um 80 mm). Die Modelle haben allerdings solche Lagen auch schon unterschätzt (z.B. Oktober 2011 mit teils verheerenden Überschwemmungen in einigen Alpentälern). Wir haben diesmal das Glück, dass die Niederschlagsphase weniger lange dauert und dass in den letzten Tagen bis in mittlere Lagen einiges an Schnee geschmolzen und in den Abfluss gelangt ist. Die Böden sind dadurch jetzt allerdings gesättigt, sodass die Oberläufe vor allem im Jura und in den westlichen Voralpen an den Rand ihrer Kapazitäten gelangen können. Dank der Trockenheit des vergangenen Halbjahres führen die grösseren Flüsse aber derzeit teils extremes Niedrigwasser, sodass kaum mit verbreiteten Überschwemmungen zu rechnen ist.

Mit dem rasch aus Westen vorstossenden Hochdruckgebiet beruhigt sich das Wetter am Montag rasch und die Nullgradgrenze steigt bis gegen knapp 4000 m. Auf 5700 m werden gerade mal -14 Grad erreicht, ein beachtlicher Wert für Anfang Februar. Der Hochdruckeinfluss hält auch noch am Dienstag, allerdings ziehen in der Höhe immer wieder dichte Schleierwolken durch. Erst am Mittwoch erreicht uns aus Nordwesten die Kaltfront dieses riesigen Tiefdrucksystems im Norden. Die Schneefallgrenze startet bei etwa 1800 m, um bis zum Donnerstagmorgen allmählich in die Niederungen zu sinken. Nun dreht auch endlich der Bodenwind auf Nordwest, sodass am Alpennordhang eine ordentliche Neuschneemenge fallen kann:

20160129-blog6Die Temperatur in 5500 m sinkt auf -35 Grad, sodass es auch im Flachland zu kräftigen Schneeschauern, mitunter auch mal mit Blitz und Donner kommen kann. Am Freitag wirkt bereits ein Zwischenhoch, immerhin kommt es bei aufklarendem Himmel über dem frisch gefallenen Schnee wieder mal zu anständigem Frost. Bereits am Wochenende soll sich aber der nächste Warmluftvorstoss aus Südwesten nähern, denkbar ist auch eine Föhnlage in den Alpen. Ein nachhaltiger Wintereinbruch sieht anders aus…

Sturm-, Gewitter- und Schneevorschau 11.-17.01.2016

Prognostizierte Windstärke in rund 1400 m Höhe am Donnerstagmorgen, 14.01.2016

Prognostizierte Windstärke in rund 1400 m Höhe am Donnerstagmorgen, 14.01.2016

Der Titel lässt es bereits erahnen: Es scheint so, als wolle das Wetter in der kommenden Woche all dies nachholen, was es im hochdruckdominierten Dezember verschlafen hat. Für den Ausgleich der Trockenheit wurde bereits in den letzten zehn Tagen gesorgt, wenn auch nicht zur Freude der mittelhohen Skigebiete, welchen der Vollwaschgang bis in Höhen von 2000 m einen beträchtlichen Teil des zuvor gefallenen Schnees wieder runtergespült hat. Im Gegenzug haben die Turbinen der Flusskraftwerke mal wieder etwas Arbeit und dem Grundwasserspiegel dürfte die aktuelle Regenphase ebenfalls zugute kommen. Doch die eine Frage brennt nach der bereits verstrichenen ersten Winterhälfte nach wie vor unter den Nägeln: Wann sinken auch endlich mal die Temperaturen in den jahreszeit-üblichen Bereich? Nun, dem kann bald abgeholfen werden. Fragt sich nur, für wie lange…

Betrachten wir zunächst die grossräumige Wetterküche, die uns den spannenden Mix der nächsten Woche bescheren soll:

20160110-blog2Ein umfangreicher Tiefdruckkomplex mit Zentrum über den Britischen Inseln figuriert als Steuerzentrum. Auffällig ist die markante Luftmassengrenze zwischen kalter Polarluft (blau) und milder Subtropenluft (gelb bis grün), die schnurgerade über den Atlantik auf den Alpenraum zielt. Entlang dieser Polarfront entstehen immer wieder Wellen und Randtiefs und sorgen bei uns für wechselhaftes, sehr nasses und zeitweise stürmisches Wetter. Im Fachjargon nennt man diese Grosswetterlage „südliche Westlage“ Ws, nicht zu verwechseln mit der Südwestlage SW. Sie tritt recht selten und dabei fast ausschliesslich im Winter auf, wenn sie sich mal nicht gerade in den Hochsommer 2014 verirrt 😉

Eine erste schwache Welle überquert uns am Sonntagabend, die zweite – etwas stärkere – folgt am Montag. Deren Warmsektor lässt am Montagvormittag noch mal kurz den Föhn aufleben, die eine oder andere stürmische Böe in den Föhntälern ist zu erwarten. Dabei steigt die Schneefallgrenze noch mal kurzzeitig auf 1600 m an. Bereits gegen Mittag folgt die Kaltfront, und die Schneefallgrenze sinkt bis zum Abend auf etwa 700 m. Interessant ist jedoch, dass die Höhenkaltluft schneller vorankommt als die Bodenkaltfront (ein Umstand, den man sich mal im Sommer wünschen würde), sodass die Luftschichtung sehr instabil wird. Dabei nimmt der Niederschlag am Nachmittag zusehends konvektiven Charakter an und bringt teils kräftige Schauer und einzelne Gewitter. Der Höhenwind kann dabei gut in die Niederungen heruntergemischt werden, sodass im Flachland mit Böen von etwa 80 km/h zu rechnen ist. In erhöhten und exponierten Lagen sind Böen um 100 km/h möglich.

Wir verbleiben auch am Dienstag in dieser labil geschichteten Rückseitenluft, wobei sowohl Höhen- wie Bodentemperaturen zurückgehen, der Spread aber noch etwas zunimmt. Daraus resultiert am Dienstag sehr unbeständiges Schauerwetter, dabei ist mit Graupel und Schneeflocken bis in tiefe Lagen zu rechnen. Nach wie vor können Blitz und Donner mit von der Partie sein, und die Wahrscheinlichkeit für teils schwere Sturmböen bleibt bestehen. Die Windkarte zeigt zwar nur ein mässig starkes Sturmfeld, doch die Böigkeit ist durch die Schauertätigkeit sehr hoch:

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Am Mittwochvormittag schneit es entlang des Alpennordhangs noch bis in tiefe Lagen, danach nähert sich von Westen her ein Zwischenhoch und sorgt für eine Wetterberuhigung. In der Nacht auf Donnerstag klart es verbreitet auf, sodass die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fallen.

Dies ist keine gute Nachricht für alle Pendler, denn am Donnerstagmorgen erreicht uns aus Westen die Warmfront des nächsten Randtiefs. Zunächst fällt Schnee bis in die tiefsten Lagen, der aber bis in Höhen von etwa 1200 m in Regen übergeht. Der Mix aus gefrorenen Böden, frischem Schnee und Übergang in Regen birgt durchaus das Potenzial für ein grösseres Verkehrschaos. Mit der am Mittag folgenden Kaltfront mischt es dann auch wieder Sturmböen bis ins Flachland herunter. Dabei darf der Hinweis nicht fehlen, dass ein derart kleinräumiges Tief auf vier Tage hinaus noch sehr unsicher bezüglich Intensität, genauer Zugbahn und Timing zu prognostizieren ist:

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Auf der Rückseite dieses Tiefs dreht der Wind auf Nordwest und es fliesst erstmals (zumindest für den westlichen Teil) in diesem Winter echte Polarluft bis zu den Alpen. Die Schneefallgrenze sinkt bis in die tiefsten Lagen und am Alpennordhang dürfte dabei noch eine ordentliche Schneedecke zustande kommen. Inwiefern dies auch für das Mittelland zutrifft, ist noch sehr unsicher. Dies hängt stark davon ab, wie rasch der Hochdruckeinfluss von Westen her zunimmt. Klar ist aber, dass die eingeflossene Polarluft für die ersten strengen Nachtfröste bis über das Wochenende hinaus sorgt. Wie lange die winterliche Phase anhält, ist noch sehr unsicher:

20160110-blog5Entscheidend ist das Gerangel um die besten Plätze über dem Nordatlantik. Dabei spielt das subtropische Tief bei den Azoren wohl das Zünglein an der Waage. Es steuert auf seiner Vorderseite sehr milde Luft nach Norden und fördert damit den Aufbau eines Höhenrückens, der uns für einige Tage von der Westwindzirkulation abschotten soll. Nicht klar ist, wie sich das zugehörige Bodenhoch verhält. Die Variante des gezeigten amerikanischen Modells sieht eine rasche Verlagerung nach Osten vor, die Folge wäre die Grosswetterlage Hoch über Mitteleuropa mit trockenem, aber bodenkaltem Wetter mit strengen Nachtfrösten. Diese Variante öffnet jedoch nach etwa fünf Tagen die Tür für mildere Luftmassen aus Südwest. Etwas nachhaltiger in Sachen Winterwetter ist die Variante des europäischen Modells, denn es lässt das Hoch über den Britischen Inseln verharren, womit wir in eine länger anhaltende Nordströmung geraten. Auch dabei würde in den West- und Zentralalpen kein Schneenachschub mehr folgen, doch die Kältephase würde etwas länger dauern und hätte bei einer Verlagerung des Hochs in Richtung Skandinavien das Potenzial für eine sehr kalte und länger dauernde Ostlage. All dies ist Spekulation und es gilt somit abzuwarten, wie sich die Druckgebilde am nächsten Wochenende positionieren.