Sturmvorschau 27.12.2014-02.01.2015

Prognostizierter Höhenwind in rund 1300 m am Samstagnachmittag

Prognostizierter Höhenwind in rund 1300 m am Samstagnachmittag

Nach den sehr milden Wochen würde man es kaum für möglich halten, doch steht Mitteleuropa erstmals seit März 2013 wieder mal eine richtig winterliche Phase bevor. Das Zustandekommen dieser Wetterlage kann man als Sechser im Lotto betrachten, denn die Vorgeschichte mit sehr warmen Meeren rund um Europa und einem bisher zahnlosen Winter in weiten Teilen Ost- und Nordeuropas liessen noch vor wenigen Tagen kaum an ein Szenario denken, wie es uns in den letzten Tagen des Jahres 2014 erwartet. Eingeleitet wird der Wettersturz durch ein Tief, das am Samstag von den Britischen Inseln her über Westeuropa und die Alpen hinweg in den zentralen Mittelmeerraum zieht. In seinem Sog zapft es arktische Luftmassen aus dem Raum Spitzbergen-Nordskandinavien an, wo die Tagestemperaturen derzeit kaum über -20 Grad hinauskommen. Der Kaltluftausbruch ist zudem direkt auf die Alpen gerichtet.

Zu allererst beschäftigt uns das Sturmtief am Samstag mit seiner ungewöhnlichen Zugbahn. Sein Warmsektor ist beim Eintreffen in die Schweiz bereits am okkludieren, das heisst die Warmluft wird zwischen den zwei Kaltluftmassen auf der Vorder- und der Rückseite des Tiefs angehoben. Durch die Südostverlagerung des Tiefs kommt der verbleibende Warmluftrest zudem kaum in die östlichen Landesteile voran. Dies und die Stärke des Tiefs gestalten die genaue Prognose, wo es wie stark und wie weit herunter schneien kann, extrem schwierig. Ebenso fraglich ist, wie stark sich der Wind bis in die Niederungen durchsetzen kann. Denn zwei Faktoren heben sich gegenseitig auf: Die Durchmischung und die Niederschlagsabkühlung. Fällt der Niederschlag intensiv genug, kann sich der Wind weniger gut nach unten durchsetzen und die bodennahe Kaltluft ausräumen, die Verdunstungsenergie kühlt die Luft zusätzlich ab und es schneit bis unten durch. Bei weniger starkem Niederschlag kann es hingegen kräftigere Böen bis in die tiefsten Lagen geben, die bodennahe Luftschicht wird erwärmt und die Schneefallgrenze steigt. Schauen wir uns die Lage am Samstagmittag anhand der Luftmassenverteilung an:

20141226-blog2Die pseudopotentielle Temperatur stellt den Energiegehalt einer Luftmasse dar, eine Kombination aus Temperatur und Feuchtigkeit. Die Faustregel besagt, dass bei einem Wert von 12 die Schneefallgrenze bei 0 m.ü.M. zu liegen kommt, bei 24 bei 1000 m usw., sie steigt also jeweils 250 Meter pro 3 Grad. Die GFS-Prognose geht davon aus, dass eine Warmluftzunge von äq.-pot. 21° über die Westschweiz hinweg zieht. Theoretisch könnte also die Schneefallgrenze vorübergehend bei etwa 750 m zu liegen kommen. Wie erwähnt wird die Niederschlagsabkühlung dem entgegenwirken, die Frage ist allerdings: wo und wie stark? Ganz sicher wird der Südwestwind durch die Burgunderpforte in den Oberrheingraben und zum Juranordfuss durchgreifen. Spannender wird es im Mittelland, hier spielt die nächtliche Auskühlung wohl das Zünglein an der Waage. Da sich in der Nacht bereits zunehmend dichte Schleierwolken von Westen her ausbreiten, dürften die Temperaturen in der Westschweiz wohl nur schwer unter den Gefrierpunkt fallen. Irgendwo im Mittelland wird also die Grenze zu liegen kommen, wo der Niederschlag im Osten am Samstag durchgehend als Schnee fällt, wärend es im Westen noch regnet.

Der Wind spielt dabei eine erhebliche Rolle: Auf den Jura- und Schwarzwaldgipfeln bringt er orkanartige Böen, die sich aber nur schwer nach unten durchsetzen. In den Niederungen dürften 50 bis 60, in etwas exponierteren Lagen auch mal 70 km/h erreicht werden. Je weiter östlich, umso weniger stark setzen sich die Böen durch. Noch zu erwähnen ist ein kurzer, aber kräftiger Föhnstoss in den Alpen, der am Samstagvormittag in den dafür bekannten Tälern durchaus knapp Sturmstärke erreichen kann.

Bezüglich der Schneefallgrenze kann nun durchaus die interessante Situation auftreten, dass am Juranordfuss bis auf 700 m hinauf Regen fällt, während es in den windgeschützten Juratälern wie etwa in Balsthal durchgehend schneit. Lokale Gegebenheiten entscheiden an diesem Tag über markante Unterschiede auf kurzer Distanz. Spätestens am Abend trifft dann aber die Kaltluft aus Nordwesten ein und die Schneefallgrenze sinkt überall bis in die tiefsten Lagen. Allerdings wird der Niederschlag dann auch bald schwächer. Beträchtliche Neuschneemengen von bis zu einem halben Meter mit massiven Schneeverwehungen sind aber in den westlichen Regionen oberhalb von 800 m zu erwarten, nach Osten hin nimmt die Neuschneemenge kontinuierlich ab.

Am Sonntag schneit es am Alpennordhang noch ein wenig weiter. Mit starker Bise bleibt die Temperatur dabei durchgehend im Frostbereich. Richtig knackig kalt wird es aber erst mit der ersten klaren Nacht, am Montagmorgen dürften die Temperaturen verbreitet in Richtung -10 Grad fallen. Am Genfersee ist mit einem Bisensturm, auf der Alpensüdseite mit stürmischem Nordföhn zu rechnen. Diese Kälte bietet dann auch der nächsten Schneefront, die uns voraussichtlich am Montagabend erreicht, den ausreichend kalten Boden für eine Neuschneeauflage selbst in den tiefsten Lagen, die eventuell am Samstag noch nahezu leer ausgehen.

Wie sieht der weitere Verlauf aus? Der Tiefpunkt der Kältewelle wird voraussichtlich Dienstag früh erreicht:

20141226-blog3Die Kaltluftzunge, die auf direktem Weg von Spitzbergen über Finnland zu den Alpen vorstösst (und nicht etwa aus Sibirien stammt, wie auf Kosten der Gebühren zahlenden TV-Zuschauer behauptet wird), wird von Nordwesten her abgeschnürt, es bleibt ein Kaltlufttropfen über Südosteuropa liegen. Fragt sich nun, wie sich der für seine Eigendynamik bekannte Kaltlufttropfen verhalten wird. Nach einigen Modellen soll er den Alpenraum noch einige Tage bis ins neue Jahr mit einem Bisensturm versorgen, hier dargestellt der Höhepunkt am Dienstag:

20141226-blog4Alternativ kann sich aber auch ein Hochdruckgebiet durchsetzen, was für die Alpennordseite zwar auch mit Bise, aber weitaus gemässigter und mit einer allmählichen Milderung vor allem in den höheren Lagen einhergehen dürfte. Die Unsicherheit diesbezüglich ist nach Stand 26.12. noch sehr gross, die Ensembles weisen ab Neujahr eine Streuung von gerade mal 15 Grad auf…

Sturmvorschau 11.-17.12.2014

Lage des Randtiefs am Freitagmittag über Dänemark. Gut zu erkennen ist der breite Warmsektor mit milden Luftmassen aus Südwest (türkis bis grün).

Lage des Randtiefs am Freitagmittag über Dänemark. Gut zu erkennen ist der breite Warmsektor mit milden Luftmassen aus Südwest (hellblau bis grün).

Zugegeben: „Sturm“ ist zumindest für die Niederungen der Alpennordseite etwas hoch gegriffen. Aber es tut sich endlich was in der Wetterküche, und das ist nach inzwischen sechs Wochen Dauernebelgrau doch schon bemerkenswert. Die Grosswetterlage hat sich in den letzten Tagen nachhaltig umgestellt. Das Azorenhoch ist gestärkt und an seinem angestammten Platz, zwischen Grönland und Island entstehen immer wieder kräftige Tiefs. Aktuell tobt dort der Orkan „Alexandra“, der am Dienstagmorgen den tiefsten Kerndruck von 940 hPa aufwies. Er füllt sich nun auf seinem Weg nach Osten auf, tut dies allerdings nur langsam und an seiner Südwestflanke entwickelt sich am Donnerstag eine Welle, die sich am Freitag über der Nordsee zu einem Teiltief mit Kerndruck zwischen 970 und 980 hPa mausert. Es wird sich auch bei uns bemerkbar machen.

Wie die nachfolgende Karte zeigt, erfasst das breite Sturmfeld nahezu ganz Deutschland und streift die nördlichen Teile der Schweiz. Da es sich allerdings um einen Warmsektor-Sturm handelt, ist die Durchmischung in die unteren Luftschichten eher schlecht. Auf den höchsten Juragipfeln und im Hochschwarzwald kann es durchaus für Orkanböen um 120 km/h reichen, auch auf den Voralpengipfeln ist noch mit schweren Sturmböen zu rechnen.

20141210-blog2Weiter in die Alpen hinein reicht der Sturm jedoch aufgrund der Südwestströmung nicht, hier kommt es allenfalls zu ein paar kräftigen Föhnböen in den prädestinierten Tälern. In den Niederungen der Alpennordseite erreicht der Südwestwind am Freitag Spitzenböen von 50 bis 60, in exponierten Lagen auch mal 70 km/h. Mit der Entfernung des Randtiefs nach Skandinavien bleibt die Südwestströmung mit Föhntendenz in den Alpen am Samstag zwar noch bestehen, schwächt sich aber allmählich ab. Noch zu erwähnen ist, dass die dazugehörige Regenfront nordwestlich der Schweiz schleift und nur dem Jura nennenswerte Niederschlagsmengen bringt, die Schneefallgrenze sinkt von ursprünglich 1500 m in der Nacht auf Sonntag knapp unter 1000 m. In den Alpen kommen – wenn überhaupt – nur ein paar Flocken an.

Die weitere Entwicklung verspricht lebhaftes Westwindwetter, wie uns die Ensembles des amerikanischen Modells GFS zeigen:

20141210-blog3Das stetige Auf und Ab der Temperaturen (mittlere Kurven) mit starker zeitlicher Versetzung der Wellentäler und -berge sowie die permanente Niederschlagsbereitschaft (am unteren Rand der Grafik) sprechen für eine zyklonale Westlage. Sie ist geprägt von rascher Abfolge milder Vorderseiten, die auch mal in eine kurze Föhnphase münden können, und kälterer Rückseiten, bei denen ein wenig Schnee bis in die Niederungen fallen kann. Die Betonung liegt auf „wenig“, da sich rückseitig der Kaltfronten jeweils rasch Zwischenhochs etablieren und die Luft abtrocknen. Immerhin kommt es bei günstigem tageszeitlichem Timing der klaren Phasen zu leichten bis mässigen Nachtfrösten.

Nach einer Zwischenhochphase am Sonntag und Montag greift also am Dienstag ein neues Randtief in unser Wettergeschehen ein. Nach den heutigen Unterlagen rückt das Azorenhoch zur Wochenmitte etwas nach Osten, sodass sich mal eine kräftige Nordwestströmung einstellen dürfte:

Möglicher Rückseiten-Sturm von Mittwoch auf Donnerstag, 17./18.12.2014 mit starkem Nordföhn auf der Alpensüdseite

Möglicher Rückseiten-Sturm von Mittwoch auf Donnerstag, 17./18.12.2014 mit starkem Nordföhn auf der Alpensüdseite

In diesem Fall ist das Durchgreifen von Sturmböen bis in die Niederungen wahrscheinlicher und auf der Alpensüdseite kann es zu einem zweitägigen Nordföhnsturm kommen. Diese Prognose ist allerdings wie immer auf Wochenfrist hinaus als noch recht unsicher einzustufen.

Zum Schluss noch die Niederschlagssummenkarte bis in einer Woche. Sie zeigt, dass die Alpen nur mit wenig Schnee rechnen können. Hinsichtlich der Lawinengefahr ist es im Hochgebirge wohl besser, wenn die Portionen über einen längeren Zeitraum verteilt in kleineren Mengen fallen. Für die Lagen unter 1500 m sieht es allerdings wegen der immer wieder milden Phasen eher schlecht aus.

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Neu bei meteoradar:
Regensummenkarten und mobile Webseiten

Regensummenkarte über 24 Stunden, Details siehe Text

Neue Regensummenkarte über 24 Stunden, Details siehe Text

Ab sofort sind zwei Neuerungen online, welche den aktuellen Webauftritt von meteoradar ergänzen:

1. Regensummenkarten
2. „Mobile“ Webseiten, optimiert für kleine Bildschirme

Regensummenkarten sind nichts Neues und werden von verschiedenen Anbietern ins Netz gestellt. Neu und einmalig ist die Aktualisierung der Regensummenkarten im 10-Minuten Takt, unmittelbar nach Empfang der neuesten Rohdaten. Wir zeigen Regensummenkarten für 9 Zeitintervalle zwischen 10 Minuten und 24 Stunden. Zur Berechnung der Karten werden Radarbilder und Regensummen des SwissMetNet der MeteoSchweiz beigezogen. Dieses Messnetz umfasst 120 Bodenstationen, welche u.a. die Regensummen in 10-minütigen Intervallen aufzeichnen. Wir erhalten die Daten mit einer zeitlichen Verzögerung von ca. 12-14 Minuten. Wenige Sekunden nach dem Datenempfang sind die aktualisierten Regensummenkarten online.

Als Beispiel wird in der beigefügten Grafik die Tagessumme des Niederschlages für eine Wetterlage angezeigt, welche mit intensiven Regenfällen auf der Alpensüdseite einherging. Die Zahlen sind die registrierten Summenwerte an den einzelnen, mit einem Kreuz markierten Stationen. Die Farbskala ist unterhalb der Karte erklärt, dort ist auch das Zeitintervall eingefügt, für welches die Karte gültig ist. Die beiden Zahlen rechts unten in der Ecke helfen bei der Beurteilung, ob die Reihe der Rohdaten vollständig ist oder nicht.

Die maximale Tagessumme in diesem Beispiel wurde in Cevio (Tessin) mit 151 mm registriert. Das Farbmuster in der Nähe dieser Station deutet darauf hin, dass im Centovalli noch weit höhere Regenmengen gefallen sind. Es ist unsicher, ob der angezeigte Maximalwert von über 250 mm/24h realistisch ist oder nicht. Dieser Maximalwert ist eindeutig den Radarbilddaten zuzuordnen. Ohne Radar würde die Interpolation der Bodenstationswerte dieses Maximum nicht anzeigen. Der Radar kann die Qualität von Regensummenkarten deutlich verbessern. Selbstverständlich ist dies auch mit einer höheren Zahl von Bodenstationen möglich. Es wären aber 40’000 Bodenstationen nötig, um für die Schweiz die Messauflösung der Radarbilder (1×1 km) zu erreichen.

Die Regensummenkarten stehen allen Interessierten in einer Standardversion (grosser Bildschirm) und in einer mobilen Version (kleiner Bildschirm) kostenfrei zur Verfügung. Wir weisen darauf hin, dass unsere kostenpflichtige Lokalprognose mit einer Anzeige der in den kommenden 6 Stunden erwarteten Niederschlagssume ergänzt worden ist. Wir werden in einem späteren Blog darauf zurückkommen.

Standardversion: http://www.meteoradar.ch/regenkarten
Mobile Version: http://www.meteoradar.ch/regenkarten/index_mobile.php
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Anzeige einer mobilen Webseite auf dem Smartphone

Anzeige einer mobilen Webseite auf dem Smartphone

Ab sofort sind die am häufigsten aufgerufenen Webseiten von meteoradar auch in einer mobilen, für kleine Bildschirme optimierten Version verfügbar. Zur Zeit sind die folgenden Webseiten in das mobile Angebot eingebunden:

– www.meteoradar.ch
– www.metradar.ch
– www.metradar.ch/de („metradar alt“)
– www.meteoradar.ch/regenkarten
– Zoom Donnerradar (als bislang einziges Bezahlprodukt)
– www.wiewirds.ch

Diese mobilen Webseiten sind 1-spaltig, an Stelle der Linkleisten auf der linken Seite kann eine optimierte Navigationsleiste per Fingertipp oder Mausklick ein- oder ausgeschaltet werden. Im übrigen werden die Inhalte der Standardseiten nach Möglichkeit auch in der mobilen Version übernommen. Die Bilder und Karten werden auf die volle Bildschirmbreite skaliert, damit sie besser lesbar werden. Bei Nutzung eines kleinen Bildschirms (Pixelzahl < 801 bei quergestelltem Bildschirm) wird teils automatisch die mobile Version angezeigt. Ansonsten kann das mobile Angebot über die folgende mobil optimierte Einstiegsseite erreicht werden:

http://www.meteoradar.ch/mobile

Die jeweilige Standardseite ist, soweit vorhanden, über den obersten Link der aktivierten Navigationsleiste wieder erreichbar.