Schmutziger Föhn in Sicht

Saharastaub-Prognose für den 27.04.2012, 18:00 UTC (Quelle: http://forecast.uoa.gr/dustindx.php)

Saharastaub-Prognose für den 27.04.2012, 18:00 UTC (Quelle: http://forecast.uoa.gr/dustindx.php)

Derzeit überbieten sich die Medien mit Superlativen in den Schlagzeilen, was das Wetter in der zweiten Wochenhälfte betrifft. „Sommerlich“ ist noch der gemässigtste Ausdruck, manche sprechen gar von einer Hitzewelle und von Rekordtemperaturen für den April. Erfunden haben das die Medien nicht, denn es sind die Wetterdienste, die ganz ordentlich trommeln. Doch wie viel ist wirklich dran an diesen Prognosen?

Tatsache ist: Ein kräftiges Tiefdrucksystem setzt sich ab Donnerstag über Westeuropa fest, auf seiner Vorderseite wird aus Süden sehr warme Saharaluft über die Alpen nach Mitteleuropa geführt. Die prognostizierten Luftdruckunterschiede zwischen Süden und Norden sprechen zudem für kräftigen, mitunter sogar stürmischen Föhn. Die wärmste Luft wird nach den aktuellen Modellen von Freitag bis Sonntag mit 15 bis 18 Grad in 1500 m Höhe knapp nördlich der Alpen – also im Föhngebiet – erwartet. Bei voller Durchmischung und viel Sonnenschein sind in den Föhntälern 28, örtlich sogar knapp 30 Grad möglich. Und genau diese ominöse Zahl 30 geistert nun in den Medienmitteilungen der Wetterdienste herum und verführt die Redaktionen zu ihren reisserischen Schlagzeilen.

In keinem Wetterbericht  wurde jedoch bisher die Möglichkeit erwähnt, dass die Föhnhitze durch einen gewichtigen Faktor einen Dämpfer erhalten könnte: Wie auf obiger Karte zu erkennen ist, wird mit der kräftigen Südströmung aus dem Raum Marokko/Algerien ausserordentlich viel Saharastaub nach Mitteleuropa verfrachtet. Da gleichzeitig das Tief in höheren Luftschichten staffelweise feuchtere Luft zuführt, ist mit Schleierwolken zu rechnen. Mit dem Saharastaub sind viele Kondensationskerne in der Luft enthalten, welche die Bildung dieser hohen Wolken massiv verstärken können. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Wettermodelle diesen Faktor meist unterschätzen. Statt viel Sonnenschein gab es schon öfters bei solchen Lagen einen bedeckten Himmel mit nur diffusem Sonnenlicht, nicht selten kam es sogar zu einem kompakten Altostratus, aus dem mitunter sogar ein paar Tropfen fallen. Durch den gedämpften Sonnenschein wird die bodennahe Luftschicht weniger stark erwärmt und somit kann mancherorts der Föhn gar nicht so stark in die Täler durchgreifen, wie von den Modellen prognostiziert.

Fehlprognosen von 5 bis 8 Grad waren bei genau solchen Wetterlagen in der Vergangenheit (letztmals Ende Mai 2008) gar nicht selten. Wie der aktuelle Fall zeigt, hat dies der Modellgläubigkeit der Wetterzunft keinen Abbruch getan. Man darf also gespannt sein, wie warm es am kommenden Wochenende tatsächlich wird. Viel hängt davon ab, zu welcher Tageszeit das Zusammenspiel von hohen Wolken und Saharastaub greift und die Sonnenscheindauer tatsächlich einschränkt. Auf eines darf man sich aber mit ziemlicher Sicherheit einstellen: Einen typischen Föhn mit klarer Fernsicht wird es kaum geben, dazu fehlt einerseits der Regen auf der Alpensüdseite, der die Luft reinwaschen könnte und andererseits wird der Saharastaub auch ohne hohe Wolken für einen milchigen Himmel sorgen.

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