Etwas Regen in Sellenbüren/Stallikon

Regenmessung Sellenbüren

Regenmessung Sellenbüren
Quelle: meteoradar

 

Früher als erwartet gab es in Sellenbüren den ersten Regen nach langer Trockenheit. Der Boden ist nass, und der Wäge-Regenmesser registrierte ab ca. 06:00 bis 07:40 Uhr 0.23 mm Niederschlag. Das ist bestimmt keine berauschende Regenmenge. Aber dies kann genügen, um lokal den unterkühlten Boden in eine gefrorene rutschige Fläche zu verwandeln. Wie das aktuelle Temperaturprofil in der Ostschweiz anzeigt, ist diese Gefahr klein aber nicht ganz auszuschliessen.

Auffallend ist auch, dass vom Niederschlag im Radarloop nichts aber auch gar nichts zu sehen war. Die Erklärung hierfür dürfte wiederum im Temperatur/Feuchteprofil zu suchen sein. Dieses zeigt in niederen Schichten eine praktisch mit Feuchte gesättigte Luftmasse. Es ist immer noch die Luftmasse, welche uns den Hochnebel/Nebel der letzten Tage bescherte. Ich vermute, dass sich der Niederschlag hieraus entwickelte. Da die Temperatur in dieser Schicht weiterhin im positiven Bereich liegt, kommt als Prozess zur Niederschlagsbildung eigentlich nur die sog. Koaleszenz von Nebeltröpfchen in Frage, also das Zusammenfliessen von Nebeltröpfchen zu Regentropfen. Die ausfallenden Regentröpfchen blieben wahrscheinlich so klein, dass sie vom Radar nicht erfasst wurden.

Zur Zeit kann nicht beurteilt werden, ob diese Annahme korrekt ist. So oder so bleibt die Frage offen, inwiefern die aktuell durchziehende schwache Störung die Niederschlagsbildung gefördert hat.

Radarloop

Loop Donnerradar 3D. Quelle: meteoradar

Temperaturprofil

Höhenprofil Temperatur/Feuchte Quelle: meteoradar

Trockenheit im November

Der November 2011 blieb in den meisten Teilen der Alpennordseite weitgehend ohne Niederschlag. Der letzte nennenswerte Regen fiel am 19. Oktober. Die anhaltende Trockenheit führt bereits zu ersten Problemen. So wird in Teilen des Juras das Trinkwasser knapp, Bäche trocknen aus, es herrscht Waldbrandgefahr und nicht zuletzt fehlt in den Bergen der Schnee.

Die Trockenheit ist aussergewöhnlich, jedoch nicht einzigartig. Herbsttrockenheit kam auch in früheren Jahren bereits vor. Gemäss Aussage Meteoschweiz fielen in den letzten 3 Jahrzehnten in Zürich in sieben, in Basel in acht, in Davos in 10 und in Sion sogar in 17 Jahren ähnlich wenig Niederschlag.

Auffallend ist jedoch die Häufung von trockenen Witterungsabschnitten im Frühling und Herbst der letzten Jahre. War doch der April 2011 ebenfalls schon geprägt von anhaltender Trockenheit. Die Aprilmonate 2007, 2009 und 2010 waren ebenfalls von Niederschlagsmangel beherrscht.

Der November ist als neblig trüber Monat bekannt. Doch dieses Jahr scheint auch im Mittelland an etlichen Tagen die Sonne. Grund dafür ist ebenfalls die Trockenheit. Durch die trockenen Böden gelangt weniger Feuchtigkeit in die Luft und die Luft ist zu trocken um Bodennebel auszubilden. Zusätzlich waren Bisenlagen bisher rar, die sonst ebenfalls Hochnebel bringen. Besonders sonnig war es in den Bergen. So hat die Summe der Sonnenstunden auf dem Säntis im September jene vom Juli diesen Jahres bereits deutlich überschritten.

Grund für die stabile Wetterlage ist ein sogenanntes Omegahoch über dem europäischen Festland. Atlantische Störungen werden von ihm abgeblockt. Eine Eigenschaft dieser Wetterlage ist, dass sie meist sehr stabil ist. Das Hoch kann bis zu mehreren Wochen fast stationär verharren.

Eine grundlegende Änderung der Wetterlage ist bisher nicht in Sicht. Am kommenden Mittwoch könnte vereinzelt Niederschlag fallen, doch werden danach wieder mehrheitlich trockene Verhältnisse herrschen.

ANAPROP (anomalous propagation)

Winterradarbild mit Störechos

Winterradarbild mit Störechos Quelle: meteoradar

Zur Zeit sind im Winterradarbild immer wieder Radarechos im westlichen Jura zu beobachten. Das zugehörige Temperaturprofil zeigt eine gut ausgeprägte Temperaturinversion auf knapp über 1’000 m Höhe. Das Rohbild der MeteoSchweiz zeigt auf, dass der Albis-Radar die Echos im Jura registriert (der Radar La Dole ist heute in Wartung).  Es besteht kaum ein Zweifel, dass der Radarstrahl in dieser Inversionsschicht so gekrümmt wird, dass das Signal schliesslich auf die Jurahöhen auftrifft.

Eine einfache schematische Skizze soll dies illustrieren, siehe am Ende dieses Beitrages. Es handelt sich nicht um eine Spiegelung, wie man sich das vorstellt, wenn ein schräg aufsteigender Strahl auf eine Inversionsschicht trifft. Vorbedingung für die Krümmung ist ein flacher Strahl, welcher praktisch parallel zur Inversionsschicht in diese hineinstösst. Dann kann es zur Krümmung kommen, welche dann etwa der Krümmung der Erdoberfläche entspricht. Wichtig ist also die Höhe der Inversionsschicht. Diese sollte sich etwa auf der Höhe der Radarstation oder nur wenig darüber befinden. Eine Inversion auf 2’000 m Höhe wird das Radarbild des Albis Radars kaum gross stören, da die Radarstation auf knapp unter 1’000 m liegt. Die Inversion sollte also, wie im vorliegenden Fall, auf etwa 1’000 m Höhe oder allenfalls knapp darüber liegen. Wenn die Inversion höher liegt, so gegen 2’000 m Höhe, dann sind bei den Radarstationen La Dole und Monte Lema Störechos zu erwarten. Diese beiden Stationen liegen höher als der Albis Radar, nämlich auf etwa 1’600 m Höhe.

Selbstverständlich versucht man, mit geeigneten Filtertechniken die Störechos durch ANAPROP zu eliminieren. Das ist nicht so einfach, weil die Störungen oft in grosser Distanz zur Radarstation (> 100 km) auftreten. In diesen Distanzen sind die Echos kleinräumigen Schauerechos durchaus ähnlich, so dass eine Filterung auch die Erfassung von Niederschlag beeinträchtigen kann.

Referenzen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Anomalous_propagation
http://radar-info.fzk.de/Html/Anaprop.html

Vertikalprofil Temperatur Jura, Quelle: meteoradar

 

Rohbild Radar Albis, Quelle: MeteoSchweiz

 

Illustration der "anomalous propagation"

Bodenfrost im Jura und Radar-Clutter

Radarloop "Donnerradar"

Radarbild "Winterradar", Quelle: meteoradar

 

Im nebelfreien Jura sinken die Bodentemperaturen derzeit in den Keller. -3.0 Grad um 18 Uhr in La Chaux de Fonds, immerhin 6.5 Grad unter der Lufttemperatur auf 2m Höhe. Da andererseits im Jura lokal begrenzte Radarsignale auftreten, wird in unserem Produkt Winterradar mit brauner Farbe auf die Gefahr von vereisendem Regen hingewiesen. Das ist natürlich Unsinn. Aber wie kommen die Radarechos bei der aktuellen, niederschlagsfreien Wetterlage zustande?

Der Grund hierfür ist die Temperaturinversion auf der Höhe des über dem Mittelland liegenden Hochnebels. In dieser Inversionsschicht wird der Radarstrahl stärker gekrümmt als sonst und kann dadurch auf den Boden auftreffen, was er sonst nicht tut. Man spricht von „anomalous propagation“ oder kurz „ANAPROP“.  Mehr dazu in einem späteren Beitrag.

Artefakt Albis Radar am 11.11.11

Störungsbild vom 11.11.2011, 02:45 Uhr (Quelle: meteoradar)

Störungsbild vom 11.11.2011, 02:45 Uhr (Quelle: meteoradar/MeteoSchweiz)

Pünktlich zur aktuellen Datum-Schnapszahl lief der Albis Radar Amok. Von frühmorgens halb drei bis kurz vor 7 Uhr wurden Bilder wie im Beispiel angezeigt. Das Radarecho erreichte lokal die Stärke eines Hagelwetters. Dementsprechend sind auch abgeleitete Produkte und Dienste wie Regensummenkarten, Hagelkarten oder automatische Warnsysteme betroffen.

Wie konnte ein solcher Artefakt auftreten? Der Fehler ist mit Sicherheit in einer defekten Hardware-Komponente des Radars zu suchen. Als Folge davon verlor der Radar seine Fähigkeit, „echte“ atmosphärische Signale vom sog. Hintergrundrauschen zu trennen. Man kann dies vielleicht mit einem HIFI-Radiogerät vergleichen, welches aufgrund eines Defektes zu einem rauschenden und knackenden Kurzwellenradio mutiert. Zum Glück sind solche Defekte selten. Mit zunehmenden Alter eines Radargerätes kann natürlich das Risiko für solche Defekte ansteigen. Die MeteoSchweiz wird den in die Jahre gekommenen Albis Radar im nächsten Frühjahr durch ein neues Gerät ersetzen.

Im aktuellen Fall dürften nur die wenigsten User den Artefakt mitbekommen haben. Nebst der Tageszeit hat dazu auch das aktuell wenig spannende Radar-Wetter beigetragen. Es ist trotzdem gut zu wissen, dass Defekte in der Hardware eines Radars durchaus zu fehlerhaften Signalen mit entspr. Auswirkungen auf radarabhängige Produkte führen können.

Dimmerföhn am 5. November 2011

Föhnfische am 5.11.2011 (Bild: Willi Schmid)

Föhnfische am 5.11.2011 (Bild: Willi Schmid)

Die aussergewöhnlich lange anhaltende Föhnlage vom 3. bis 6. November hielt eine grössere Palette an Lehrstücken bereit. Die wechselnden Luftmassen und sich ändernde Höhenströmungen sorgten dafür, dass an den verschiedenen Tagen mehrere Spezialfälle des Föhns zu beobachten waren. Wir picken uns einen heraus, der sich in der Nacht und daher fast unbeobachtet abspielte: den Dimmerföhn.

Die Bezeichnung Dimmerföhn ist vom Wort Dämmerung abgeleitet und beschreibt jenen Spezialfall des Föhns, wenn in den typischen Föhntälern der Nordalpen mit kräftigem Südwind nicht klarer, trockener Föhn auftritt, sondern diesiges, oft sogar nasses Wetter. Damit Dimmerföhn auftreten kann, sind folgende Faktoren Voraussetzung: Die Luftmasse aus Süden muss hochreichend feuchtgesättigt sein und es braucht eine starke Strömung in den höheren Luftschichten, welche diese feuchte Luft über den Alpenhauptkamm in den Norden verfrachten kann. Je nach Ausprägung dieser beiden Faktoren kann so der Regen von Süden her weit in die Föhntäler des Nordens hinaus übergreifen.

In der Nacht auf Samstag, den 5. November 2011 waren diese Voraussetzungen für ein paar Stunden gegeben. In rund 5000 m Höhe wehte der Südwind mit durchschnittlich 100 km/h, und die Regenwolken reichten bis in knapp 7 km Höhe. Kein Problem also für den Regen, die Barriere des Alpenhauptkamms zu überwinden. Der Regen reichte zeitweise bis ins untere Haslital und im Urner Reusstal bis nach Altdorf. In Wassen fielen zwischen Freitag 18:00 Uhr bis Samstag 06:00 Uhr 18 mm, in Disentis sogar 28 mm Regen. Das ist immerhin halb so viel, wie in der selben Zeit die Stationen im Nordtessin registrierten. Im Lauf des Samstags liess zunächst der Höhenwind nach, danach drehte er langsam auf Südost und zuletzt nahm der Feuchtegehalt der Luftmasse ab. Das kann in dieser Reihenfolge sehr schön anhand des Radarfilms vom Samstag nachvollzogen werden:

 

Radarfilm vom 05.11.2011 (Quelle: meteoradar)

Radarfilm vom 05.11.2011 (Quelle: meteoradar)